UNO : Umstrittene Kandidatin
Nachfolger von Flüchtlingskommissar nominiert
In diesem Jahr endet die Amtszeit des UN-Flüchtlingskommissars António Guterres. Als besonders aussichtsreiche Kandidatin für seine Nachfolge gilt ausgerechnet die ehemalige dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt, die für eine harte Asylpolitik bekannt ist. Unter der Führung der Sozialdemokratin hat Dänemark die Asylregeln drastisch verschärft und unter anderem den Familiennachzug erschwert.
Thorning-Schmidt verlor zwar die Parlamentswahl im Juni, wurde aber vor kurzem von ihrem Nachfolger im Amt des Premiers als Chefin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) nominiert. Aus Deutschland kandidiert Achim Steiner, derzeit Chef des UN-Umweltprogramms. Die strenge dänische Asylpolitik, die nach Thorning-Schmidts Abwahl im Sommer von ihrem Nachfolger weiter verschärft wurde, passt auf den ersten Blick kaum zum UNHCR. Schließlich soll er die Rechte von Flüchtlingen sichern und dafür sorgen, dass diese Asyl beantragen und eine sichere neue Heimat finden können. Dänemark hingegen wird vorgeworfen, Probleme auf die Nachbarländer Deutschland und Schweden abzuwälzen. Es gilt deshalb als "Ungarn des Nordens".
Doch die strikte Haltung könnte Thorning-Schmidts Vorteil werden. Denn Politiker vieler Länder stehen der dänischen Position näher als der deutschen. Angesichts der zunehmenden Anzahl von Flüchtlingen sehen sie sich und ihre Länder überfordert. In ihrer Heimat allerdings regt sich Kritik daran, ausgerechnet Thorning-Schmidt zur Flüchtlingskommissarin zu machen. "Ernennt Steiner!", überschrieb die linksalternative Zeitung "Information" einen Kommentar. Der deutsche Kandidat sei fachlich besser qualifiziert, hieß es. Der Publizist Herbert Pundik kritisierte Thorning-Schmidts Asylpolitik als "kleinlich". Es sei jetzt allenfalls "opportunistisch", wenn sie sich nun plötzlich für Flüchtlinge einsetzen solle.
Der Autor ist freier Nordeuropa-Korrespondent.