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Parlamentarisches Profil : Die Sportpolitikerin: Katrin Kunert

16.11.2015
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3 Min

D aheim in Stendal wird ihre Sportbegeisterung Buchrücken für Buchrücken deutlich: Zahllose Bücher über die Olympischen Spiele - bis zurück ins Jahr 1924. Doch vor allem betrieb Katrin Kunert Sport als Aktive - Leichtathletin seit ihrer Kinder- und Jugendzeit, groß geworden mit dem Sport. Und sie blieb lange dabei. Im Seniorenbereich hat sie noch bis vor vier Jahren an Wettkämpfen teilgenommen. Womit nahe liegt: Als die Linken-Politikerin vor zehn Jahren erstmals in den Bundestag einzog, war der Sportausschuss ihre erste Wahl. Womit zudem erklärt ist, warum die Linken-Obfrau im Sportausschuss beim monatelangen Top-Thema des Ausschusses, das jetzt in einen Anti-Doping-Gesetzentwurf mündete, ihre klare Haltung vertreten hat: "Unser aller Anstrengungen müssen auf einen Sport ohne Doping gerichtet sein." Der Sport könne das "allein nicht lösen". Der Staat müsse "zum Schutz des sportlichen Wettbewerbs und zum Schutz der Werte des Sports Regeln schaffen, um gegen Doping vorzugehen".

Insbesondere hat die 51-Jährige dabei im Blick: "Wir ordnen dem Sport ganz viele Funktionen zu" - die Vorbildfunktion zum Beispiel: "Viele Kinder sind nach der Fußball-WM in Sportvereine gegangen. Sie haben Idole: Guck mal, der ist erfolgreich. Ich möchte das auch." Quasi nebenbei entwickelten sie beim Sport aber auch ganze andere Eigenschaften. Sie nennt "soziale Kompetenz, Teamgeist, Durchsetzungsvermögen, das Umgehen mit Niederlagen". Und: "Im Sport geht vieles leichter" - aktuell die Integration von Flüchtlingen in zahlreichen Vereinen.

Kunert gehört im Bundestag zu einer Minderheit - zu denen, die sich in den Sitzungswochen nicht ausschließlich unter der Käseglocke des Regierungsviertels bewegen. Keine Zweitwohnung: Sie pendelt von Stendal nach Berlin. "Dieses Fahren trägt dazu bei, dass man den Blick für die Dinge an der Basis immer beibehält." Geerdet an eben der Basis wird sie insbesondere durch ihre kommunalpolitischen Aktivitäten: Sie sitzt in den Parlamenten von Kreis und Stadt Stendal: "Wer in der Kommune verankert ist, weiß sehr genau, wie sich Bundespolitik auswirkt. Wenn ich im Bundestag höre, die Kommunen werden um Milliarden entlastet, dann sitze ich manchmal in meinem Stadtrat oder Kreistag und frage mich, warum kommen die bei uns nicht an."

Gleich mit der Wende - 25 Jahre war sie da alt - hat es das langjährige SED-Mitglied Kunert in die Politik gedrängt: "Weil ich der Überzeugung war und bin, dass die Idee von sozialer Gerechtigkeit richtig ist." Damals habe es ein "Alles-ist-schlecht-Klima" gegeben. Indes: "Heute erinnern wir uns an das DDR-Schulsystem, das es in Finnland gibt. Heute sagen wir, wir müssen Gemeinschaftspraxen schaffen, damit sich Ärzte teure Technik leisten können - da sind wir wieder bei der Poliklinik." Sie habe "dieses Alles-über-den-Haufen-werfen nach der Wende nicht für richtig" gehalten: "Ich trage keine Altlasten mit mir herum, habe ich mir gesagt. Ich will Politik machen - und von vornherein auch in der PDS."

Abschluss als Agraringenieurin, 1990 Umschulung zur Floristin - und eben lange Zeit Sportlerin: "Ich war an der Kinder- und Jugendsportschule. Ich habe das Leistungssystem der DDR zum Teil erlebt." Was bedeute: "Wenn zum Beispiel im Sportausschuss gesagt wird, die DDR war ja nur Doping und Stasi, dann ist es gut, wenn man das selber erlebt hat und fragen kann: Über welches Land redet ihr eigentlich?" Sie macht kein Hehl daraus: "Natürlich hat es das gegeben. Aber eine differenzierte Betrachtungsweise ist angebracht." Es habe sie "sehr geärgert, dass man aus dem DDR-Sport die Talentsuche nicht übernommen hat". Mit speziellen Sichtungssystemen seien die sportlichen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen ermittelt worden: "Das Trainerpersonal, das Übungsleiterpersonal war hervorragend ausgebildet. Das hätte ich mir für das gesamtdeutsches Sportsystem gewünscht."

Sport, gesamtdeutsch? Gab es schon vor der Wende - kurzzeitig in den Jahren 1956, 1960 und 1964 mit einer gesamtdeutschen Mannschaft bei den Olympischen Spielen. Bei Katrin Kunert in ihrer Olympia-Literatur nachzulesen.