Gastkommentare - Contra : Schlechtestes Mittel
Wohnraum beschlagnahmen?
Wohnraum beschlagnahmen? Das wäre das schlechteste Instrument, um alle Flüchtlinge unterzubringen. Hilfreich ist da der Blick ins Grundgesetz. In Artikel 14 wird dem Recht auf Eigentum elementarer Rang eingeräumt. Beschlagnahme von Wohnraum ist Enteignung auf Zeit. Klar: Weiß sich der Staat nicht mehr anders zu helfen, ist auch Enteignung möglich. Er sollte sich aber hüten, zu dieser überaus repressiven Maßnahme zu greifen. Sie passt eher in finstere Regime. Wir leben in einer Demokratie, und sie kann nur funktionieren, wenn möglichst viele Menschen mitgenommen werden bei den Entscheidungen.
Außerdem: Der Staat verfügt über sinnvollere Instrumente, den Wohnungsnotstand von Flüchtlingen zu beseitigen. Wege, die langfristig helfen, andere Probleme zu lösen. Etwa den drohenden Rückbau von Plattenbauten im Osten. Bundesweit stehen 1,7 Millionen Wohnungen leer. Die allermeisten Eigentümer wären bereit, den Wohnraum Flüchtlingen zu geben. Die meisten dieser Wohnungen sind auf dem Land, nicht in Ballungsgebieten. 600.000 davon im Osten, wo ohne Zuzug Schulen und Krankenhäuser dicht machen müssen, wo die Infrastruktur immer schwerer zu erhalten ist. Ja, es braucht gute Argumente, damit Flüchtlinge in Leerstandsregionen gehen. Sie suchen die Nähe von Landsleuten, und die sind eher in Berlin, Köln und Stuttgart. Vielleicht muss der Staat den Hartz-IV-Bezug an eine Residenzpflicht koppeln. Das Verteilen von Flüchtlingen in der Fläche wäre auch für das Zusammenleben gut: Treffen sich Menschen im Sportverein oder bei der Freiwilligen Feuerwehr, gelingt Integration besser als in der Anonymität großstädtischer Quartiere.