Finanzen : Begrenzte Spielräume
Die Koalition lobt den Haushalt 2017, Schäuble blickt aber skeptisch in die Zukunft. Opposition sieht Ungerechtigkeiten
Prognosen sind schwierig - besonders wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Dieses gilt für alle Lebenslagen und deshalb auch für den Haushalt des Bundes, in dem jetzt schon abgebildet sein soll, was jeden Einzelnen, Deutschland, Europa und die Welt im kommenden Jahr erwartet. Deshalb haben die Abgeordneten es sich wieder einmal nicht leicht gemacht und in wochen- und nächtelangen Sitzungen den Haushaltsentwurf 2017 der Bundesregierung umgeschichtet und ergänzt, gestrichen und hinzugefügt. Herausgekommen ist ein Etat mit Einnahmen und Ausgaben von rund 329,1 Milliarden Euro, der im Wahljahr ohne neue Schulden auskommen soll - wenn die Prognosen stimmen.
Schwarze Null "Die Schwarze Null ist die Basis für eine gute Politik und für Generationengerechtigkeit." Dies erklärte der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), vergangene Woche zu Beginn der abschließenden Beratungen des Regierungsentwurfs des Bundeshaushalts 2017 (18/9200). Dieser sieht nach Änderungen (18/9825) durch den Haushaltsausschuss Ausgaben von 329,1 Milliarden Euro vor. Da die Einnahmen ebenfalls 329,1 Milliarden betragen sollen, will der Bund im kommenden Jahr zum vierten Mal in Folge keine neuen Kredite aufnehmen. Erstmals könnten im kommenden Jahr Schulden sogar getilgt werden, da der Haushaltsausschuss beschlossen hat, den Bundesbankgewinn, der über 2,5 Milliarden Euro hinausgeht, zur Schuldentilgung zu verwenden.
Für Investitionen sind im kommenden Jahr 36,07 Milliarden Euro eingeplant. "Damit erreichen wir die höchste Investitionsquote in den letzten Jahrzehnten", betonte Rehberg weiter. Es gebe mittlerweile das Problem, dass Geld für Investitionen nicht ausgegeben werden könne, da in vielen Fällen die Planungsreife der Projekte fehle. Dies gelte vor allem für Infrastrukturmaßnahmen im Bereich des Bundesverkehrsministeriums.
Neben mehr Mitteln für die Straßen, Schienen und Wasserwege werde im kommenden Jahr auch mehr in Bildung und Forschung investiert. Zudem würden bei der Bundespolizei im kommenden Jahr insgesamt 7.000 neue Stellen geschaffen und der Verteidigungsetat werde erhöht, damit Deutschland seine Aufgaben in Europa und in der Welt wahrnehmen könne.
Ohne neue Schulden würden auch die finanziellen Herausforderungen durch die Flüchtlinge und Asylsuchenden gemeistert. Dazu werde der Bund 2017 Ländern und Kommunen 17 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Dabei müsse jedoch sichergestellt werden, dass die Länder die Mittel für diese Aufgaben auch tatsächlich ausgeben und damit nicht Löcher in den Landesetats stopfen würden. Insgesamt sei der Bundesetat 2017 generationengerecht und zukunftsfest, habe die richtigen Antworten auf die Flüchtlingsprobleme, sei sozial ausgewogen sowie länder- und kommunenfreundlich, fasste Rehberg zusammen.
Dem stimmte Johannes Kahrs, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zu und wies ebenfalls auf die Mehrausgaben in Bildung, für Kommunen und die Infrastruktur hin. Für besonders wichtig hielt er es, dass der Bund 1,2 Milliarden Euro für die Bekämpfung der Fluchtursachen bereitstellen werde. Kahrs betonte, dass es bei der Ausgestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, nicht dazu kommen werde, dass die Autobahnen privatisiert würden. Dies werde die SPD nicht mitmachen. Die Autobahnen seien schon von allen Steuerzahlern bezahlt.
Für Gesine Lötzsch (Die Linke) lenken die Reden über die "Schwarze Null" nur von der Ungerechtigkeit im Steuersystem ab. Es sei nicht gerecht, dass die Reichen in Deutschland immer reicher würden und die Armen immer ärmer. Deshalb habe ihre Fraktion gefordert, das Kindergeld deutlich zu erhöhen. Dies sei von der Koalition abgelehnt worden. "Die Koalition hat kein Herz für Kinder", sagte sie.
Alle Vorschläge der Linksfraktion seien zu finanzieren, wenn das Steuersystem gerechter würde. Zurzeit hätten ein Prozent der Vermögenden insgesamt ein Drittel des Gesamtvermögens. Es sei endlich Zeit umzusteuern, betonte sie und kritisierte, dass in den kommenden Jahren 130 Milliarden Euro für "Kriegsgeräte" ausgegeben werde. Es sei nötig aus der Rüstungsindustrie auszusteigen. Zudem forderte sie eine solidarische Rente und ein solidarisches Gesundheitssystem, da viele Leute "mit Recht" Angst vor der Altersarmut und steigenden Gesundheitskosten hätten.
"Dies ist ein Haushalt der verpassten Chancen", betonte der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sven-Christian Kindler. Mit dem Etat würde nur der Status Quo verwaltet. Der Investitionsstau würde fortgesetzt und es gebe keine sinnvolle Innovationsstrategie. Dabei sei es richtig, dass die EU-Kommission mehr Investitionen in Deutschland fordere. Es gebe zudem keine Konzepte für die Alters- und Kinderarmut und für den sozialen Wohnungsbau. Dafür werde der Rüstungsetat "extrem aufgebläht" und falsche Prioritäten beim Klimaschutz gesetzt. So würden auch im kommenden Jahr die klimaschädlichen Investitionen weiter steigen.
Zins-Unsicherheiten Dass im Haushalt die Zukunft abgebildet wird, machte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) deutlich und wies vor allem auf die Risiken hin: "Die Lage wird nicht einfacher, sondern eher herausfordernder", sagte er. Die finanziellen Spielräume bei den Einnahmen würden nicht größer, die Aufgaben aber mit Sicherheit - und damit auch die Ausgaben. Die Zinsen könnten nicht weiter sinken und die Steuereinnahmen würden künftig eher langsamer wachsen. Die Migration sei nur eine Herausforderung. Auch in den kommenden Jahren müssten zusätzliche Mittel für mehr Sicherheit und humanitäre Hilfen bereitgestellt werden. "Wir dürfen uns auf den erreichten Erfolgen nicht ausruhen", betonte Schäuble