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Datenschutz : Wem gehören Daten?

Schwierige Debatten sind zu erwarten

26.03.2018
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3 Min

Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD war noch nicht unterschrieben, da hatte der Kampf um den Datenschutz bereits begonnen. Die inzwischen zur Staatsministerin für Digitales ernannte CSU-Politikerin Dorothee Bär schimpfte über einen "Datenschutz wie aus dem 18. Jahrhundert", der am besten so schnell wie möglich durch eine "smarte Datenkultur vor allem für Unternehmen" ersetzt werden sollte. Da war den Datenschützern hierzulande klar, dass sie sich in der kommenden Legislaturperiode nicht gemütlich zurücklehnen können würden.

Dabei haben sie demnächst mehr als genug zu tun. Am 25. Mai 2018 tritt die europaweit gültige Datenschutzgrundverordnung in Kraft. Ein wichtiger Termin für alle, die bisher Datenschutz als Bagatelle abgetan haben. Denn die drohenden Bußgelder von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes machen sogar Firmen-Vorstände nervös. Es wird wohl Jahre dauern, bis wichtige Umsetzungsfragen von Datenschutzbehörden und Gerichten geklärt sind.

Auch die politische Debatte über die Zukunft des Datenschutzes ist noch längst nicht beendet. Das machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Regierungserklärung deutlich. Die EU-Verordnung sei "ein erster, kleiner, zaghafter Schritt". Eine Aussage, die angesichts der jahrelangen harten Debatten überraschend wirkte und die Wirtschaft wie Verbraucher gleichermaßen aufhorchen lassen sollte.

Ebenfalls ungewöhnlich: Die Kanzlerin verband in ihrer Rede die Datennutzung mit der Sicherung des Eigentums und der Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft. "Wird der Einzelne auf neue Weise ausgebeutet, weil die Daten privaten Monopolen oder Staaten gehören, oder schaffen wir es, ein faires System des Dateneigentums zu schaffen?", fragte Merkel. Laut Koalitionsvertrag wollen Union und SPD die Frage angehen "ob und wie ein Eigentum an Daten ausgestaltet sein kann".

Dateneigentum Bislang kann es kein Eigentum an Daten geben, da es ihnen an Körperlichkeit mangelt. Doch wem "gehören" beispielsweise Fahrzeugdaten, die durch Anonymisierung keinen Personenbezug besitzen, aber durch neue vernetzte Dienste einen großen Wert für Autohersteller oder Kartendienste erhalten können?

Kein Wunder, dass die Wirtschaft möglichst ungehemmt auf die Autodaten zugreifen will. Dabei würde es nur stören, wenn diese das Eigentum des Fahrers oder des Halters wären und dieser über die Nutzung bestimmen könnte. Die große Mehrheit der Unternehmen aus der Automobilbranche (86 Prozent) verlangt daher eine gesetzliche Verpflichtung zur Bereitstellung anonymisierter Fahrzeugdaten. Das ergab eine Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom vom vergangenen Oktober.

Ob die Industrie ihre Vorstellungen in dem von der Koalition geplanten "digitalen Straßengesetz" realisieren kann, ist offen. Nimmt man die Kanzlerin beim Wort, müssten die Verbraucher bei "fairen System des Dateneigentums" ebenfalls vom Geschäft mit den Daten profitieren. Wenn Autos den "Rohstoff der Zukunft" selbst produzieren, sollten deren Besitzer dabei nicht leer ausgehen.

Die Eigentumsfrage ist nicht das einzige Datenproblem, das die Koalition lösen muss. Dazu soll eine "Daten-Ethikkommission" eingesetzt werden, die "einen Entwicklungsrahmen für Datenpolitik, den Umgang mit Algorithmen, künstlicher Intelligenz und digitalen Innovationen" vorschlagen.

"Innovation" lautet ohnehin das Schlagwort im Umgang mit Daten. So will die Koalition "die Entwicklung von innovativem Einwilligungsmanagement" fördern und sich "für eine innovationsfreundliche Anwendung der Datenschutzgrundverordnung " einsetzen. Im Zusammenhang mit der umstrittenen E-Privacy-Verordnung wollen die Parteien "den Spielraum für Innovation und digitale Geschäftsmodelle erhalten".

In all diesen Themen steckt viel Konfliktpotenzial. Die Digitalwirtschaft befürchtet, wegen der neuen Anforderungen nicht mehr so leicht an die persönlichen Daten der Nutzer zu kommen oder sie für Zwecke zu verwenden, die ursprünglich nicht vorgesehen waren. Das betrifft auch das sogenannte Tracking der Nutzer beim Surfen im Internet. Da die E-Privacy-Verordnung für diesen Zweck künftig eine individuelle Einwilligung der Nutzer erforderlich machen könnte, sehen die Verlage ihr Werbe-Geschäftsmodell in Gefahr.

Die aktuelle Debatte um den Missbrauch von Facebook-Daten zur politischen Beeinflussung (siehe auch Seite 6) hat allen Akteuren gezeigt, wie wichtig der Datenschutz künftig werden könnte. Möglicherweise ist dies auch der einzige Hebel, um die Meinungs- und Werbemacht der IT-Konzerne überhaupt noch wirksam bekämpfen zu können.

Der Autor ist netzpolitischer Redakteur bei dem Internetportal golem.de.