Gastkommentare - Pro : Schlicht unersetzlich
Brauchen wir die Vereinten Nationen?
Selbstverständlich brauchen wir die Vereinten Nationen. Wir brauchen sie sogar mehr denn je - und zwar genau deshalb, weil die USA unter Donald Trump derzeit alles tun, die UN zu blamieren und auszubluten. Die UN sind der größte außenpolitische Think Tank der Welt. Wo sonst soll denn der Rahmen für die multipolare Weltordnung geschaffen werden, wenn die USA sich nun tatsächlich aus der Geopolitik zurückziehen? Bei der Nato vielleicht?
Ja, Syrien ist das schwärzeste Kapitel der jüngeren UN-Geschichtsschreibung. Und natürlich sind die Nachrichten über Vergewaltigungen durch UN-Blauhelme in Afrika peinigend.
Doch beim Thema Syrien ist es der Sicherheitsrat, der seit Jahren jeden Fortschritt verhindert. UN-Sondervermittler Steffan de Mistura kann in Genf keinen Frieden schaffen, wenn die Veto-Mächte ihn blockieren. Es ist traurig, dass alle Anläufe, die Sicherheitsrats-Struktur zu reformieren, bislang gescheitert sind. Doch dies ist eindeutig Schuld der Veto-Mächte - und nicht Schuld der UN.
Und es spricht auch mehr für die Vereinten Nationen als die bloße Gegenfrage: Was denn sonst? Gerade die jüngere Zeit hat gezeigt, dass die UN lernfähig sind. Die riesigen Missionen in Afrika sind fehleranfällig, doch daran wird jetzt gearbeitet - im Kongo zum Beispiel durch einen deutlich schärfer geschnittenen Auftrag. In Sachen Bürokratie schiebt Generalsekretär António Guterres digitale Reformen an, die selbst die UN flexibler machen sollen.
Die Arbeit der mehr als 30 UN-Unterorganisationen schließlich - man denke nur an das Flüchtlingshilfswerk UNHCR - ist schlicht unersetzlich. Sie verdienen Unterstützung und mehr Geld - und nicht Verachtung.