Europarat : Diamanten, Sex und 500-Euro-Scheine
Kommission legt brisanten Bericht zur »Kaviardiplomatie« Aserbaidschans vor
Es war ein bizarrer Skandal mit erstklassigem Gesprächsstoff für die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vergangene Woche in Straßburg. Zwei Lobbyisten Aserbaidschans steckten in Hotels beziehungsweise im Palais de l'Europe Abgeordneten 500-Euro-Scheine zu. In der EVP-Fraktion kursierte Geld in Briefumschlägen. Manche der 324 Delegierten aus 47 nationalen Parlamenten wurden mit luxuriösen Ferientrips beglückt, andere tafelten in Nobelrestaurants. Eine Schweizer Abgeordnete fand bei einer Visite in Baku nach dem Mittagessen eine Diamantenkette vor, gab das kostbare Präsent aber zurück. Die Gunst Straßburger Parlamentarier wollte die Führung Aserbaidschans auch mit Geschenken wie Kaviar oder teuren Uhren und Teppichen gewinnen. Ein spanischer Europarats-Promi wurde gesehen, als er in Baku mit drei jungen Damen im Hotelzimmer verschwand. Solche Geschichten finden sich im Bericht dreier hochrangiger Richter über Aserbaidschans "Kaviardiplomatie". Nach Erkenntnissen der Kommission, die sich vor allem auf mehr als 50 Zeugenbefragungen stützte, wollte Baku sein Image mit Hilfe bestochener Straßburger Abgeordneter aufpolieren: Die Profiteure kaukasischer Wohltaten sollten dafür sorgen, dass Berichte des Europarats über Wahlbeobachtungen günstig ausfallen und kritische Resolutionen über das autokratisch beherrschte Land abgemildert oder ganz unterbunden werden. Als Meisterleistung des Ex-EVP-Fraktionschefs Luca Volonte gilt das spektakuläre Scheitern eines Straßburger Berichts über politische Gefangene am Kaspischen Meer.
Starker Verdacht Beweise für ihre Vorwürfe fand die Kommission nicht, sie spricht jedoch von einem "starken Verdacht" auf Korruption. Aufgelistet sind zahlreiche aktive und ehemalige Parlamentarier. Zu den Schlüsselfiguren des Skandals zählt neben dem Italiener Volonte - wegen des Erhalts von rund 2,4 Millionen Euro aus Aserbaidschan im Visier der italienischen Justiz - und dem Spanier Pedro Agramunt - der nur mit Hilfe aus Baku zeitweise Präsident der Straßburger Versammlung geworden sein soll - auch der frühere CSU-Europaratsabgeordnete Eduard Lintner, der später mit einer aus Aserbaidschan finanzierten Firma Lobbyarbeit für Baku machte. Mit dem Rumänen Cezar Florin Preda steht sogar der aktuelle Chef der EVP-Fraktion unter Verdacht.
Die Versammlung will nun alle Vorwürfe gegen amtierende Parlamentarier genau prüfen; einige sind fälschlicherweise auf die Liste der Kommission geraten. Sie verabschiedete eine Resolution, in der eine transparente Auswahl der Berichterstatter, der Wahlbeobachter und der Mitglieder eines Kontrollausschusses gefordert wird, der Expertisen über die Lage der Grundrechte in einzelnen Staaten erstellt.
Im Bundestag sorgt derweil die Causa Karin Strenz für Aufregung Der Straßburger Bericht bringt die CDU-Abgeordnete zwar nicht direkt mit Korruption in Verbindung, wirft ihr aber einen Interessenkonflikt vor: Strenz habe als Mitglied einer Wahlbeobachtungsmission im Kaukasus verschwiegen, dass sie von Lintners Lobbyfirma Geld für eine Beratertätigkeit erhalten hatte. Strenz will nicht gewusst haben, dass das Geld aus Aserbaidschan kam. Die Union hat sie aus dem Europaratsparlament zurückgezogen. Der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe forderte sie auf, auch ihr Bundestagsmandat niederzulegen. Man dürfe nur noch "integre Personen" nach Straßburg schicken.