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LACHSZUCHT : Vom Luxusgut zur Billigware

Norwegen verdient Milliarden mit dem rosa Fisch - gut für die Wirtschaft, problematisch für die Umwelt

06.08.2018
True 2023-08-30T12:34:33.7200Z
3 Min

Es bedarf nur einer Person, um deutlich zu machen, wie viel Geld mit Lachs zu machen ist: Gustav Magnar Witzøe. Dass dem Mittzwanziger aus Norwegen über Investmentgesellschaften ein großer Teil des von seinem Vater gegründeten Lachsproduzenten Salmar gehört, hat ihn zum reichsten Mann Norwegens gemacht. Leute wie die Witzøes haben es geschafft, Lachs vom Luxusgut zur Billigware zu machen, die heute beim Familienbrunch, bei Stehempfängen oder Frühstücksbuffets in Mittelklassehotels selten fehlt.

Seit es gelungen ist, Lachs in großem Stil zu züchten, ist dessen Preis stark gefallen und die Verfügbarkeit gestiegen. Vergangenes Jahr hat das Land eine Milliarde Kilo Lachs in die Welt exportiert - in Norwegischen Kronen gemessen so viel wie nie zuvor. Fast Dreiviertel davon gingen in die EU. Lachs steht für 68 Prozent des norwegischen Fischexports. Das ist gut für die norwegische Wirtschaft, doch nicht unbedingt die Umwelt.

Da ist zunächst einmal die Gefahr für den ursprünglichen, wilden Lachs. "Die Auswirkungen der kommerziellen Fischzucht stehen weiterhin für die drei größten Bedrohungen für den Wildlachs: entkommener Zuchtlachs, Lachsläuse sowie andere Fischkrankheiten", berichtet Torbjørn Forseth, Leiter des wissenschaftlichen Rates zur Lachsverwaltung.

Dass es Zuchtlachs gelingt, aus den im Nordatlantik küstennah schwimmenden riesigen Netzen ins offene Meer zu entkommen, mag zunächst nicht nach einem großen Problem klingen. Doch was schön für den Zuchtlachs ist, weil dieser dem Tod durch Schlachtung entkommen ist, gefährdet den wilden Bestand. Wenn sich entflohener Zuchtlachs in der Freiheit mit Wildlachsen paart, entstehen gemischte Abkömmlinge, die sich in der Freiheit zu draufgängerisch gebärden. Während in der Zucht der Rücksichtsloseste am meisten Futter bekommt, ist es in der freien Natur wichtiger, vorsichtig zu sein, um nicht gefressen zu werden. Diese Eigenschaft fehlt zu vielen der Mischlinge. Forseths Kollegin Eva Thorseth weist darauf hin, dass es 650 Mal so viele Zucht- wie Wildlachse in norwegischen Gewässern gebe. In zweieinhalb Zuchtnetzen schwimmen so viele Fische, wie es jährlich Wildlachse an die norwegische Küste zurückzieht: 500.000 Stück.

Die Lachsläuse sind womöglich das bekannteste Phänomen in der Zucht und auch sie können große ökologische Auswirkungen haben. Dabei handelt es sich um kleine Krebse, die sich in die Körper der Fische beißen. Wenn diese wie in der Zucht üblich in riesigen Mengen ganz dicht beieinander schwimmen, sind sie im wahrsten Sinne des Wortes gefundenes Fressen für die Parasiten, die sich dann explosionsartig vermehren können. Sie gefährden die Produktion und können auf den Wildlachs überspringen. Die Plage wird viel mit Chemikalien bekämpft. Diese wiederum verschmutzen das Wasser und bedrohen andere Tierarten wie Krill.

Immerhin hat Norwegen es geschafft, den Verbrauch von Antibiotika drastisch zu reduzieren. Da ist Hauptkonkurrent Chile weit hinterher. Allerdings führt selbst in Norwegen der ökologische Lachs noch ein Nischendasein. Dabei hätte die finanziell bestens ausgestattete Branche die Möglichkeit, stärker auf diese etwas weniger problematische Zuchtmethode zu setzen. Auch geschlossene Anlagen an Land wären besser. Doch solange sich der konventionelle Lachs so gut verkauft, ist das Interesse daran gering.

Ein weiteres Problem: Zur Herstellung des Lachsfutters müssen andere Fische gefangen werden - oder es wird Soja verwendet, dessen Anbau ebenfalls oft problematisch ist.

Der Autor ist freier Nordeuropa-Korrespondent.