Arbeit und Soziales : Stramm nach oben
Fünf Milliarden Euro mehr für steigende Rentenkosten
Ein sattes Plus von fünf Milliarden Euro für den Bereich Arbeit und Soziales im kommenden Jahr - und die Oppositionsfraktionen im Bundestag sind dennoch nicht zufrieden. Die einen, weil sie Angstzustände bekommen angesichts der immens steigenden Kosten für das Rentensystem. Und die anderen, weil sie die Akzente in der Sozialpolitik falsch gesetzt sehen. Tatsächlich geht der Fünf-Milliarden-Anstieg im Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales fast ausschließlich auf das Konto der Rentenpolitik. Auf 98 Milliarden Euro und damit vier Milliarden mehr als in diesem Jahr sollen sich die Leistungen an die Rentenversicherung im Jahr 2019 belaufen. Für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind 1,2 Milliarden Euro mehr eingeplant als 2018.
Für Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geht es dabei nicht nur um Zahlenspiele, sondern schlicht um das Überleben unserer Demokratie. Und darin stimmten ihm sogar Grüne, Linke und FDP zu, die die nackten Zahlen des Haushaltsplanes ebenfalls in den Kontext der allgemein-gesellschaftlichen Stimmungslage setzten.
Wer nicht wolle, dass "politische Scharlatane" die Zukunftsängste der Menschen für sich ausnutzen, der müsse für einen starken Sozialstaat kämpfen, betonte Heil. Deswegen sei es richtig, eine doppelte Haltelinie für Rentenniveau und Beitragssätze bis 2025 einzuführen, die Erwerbsminderungsrente zu erhöhen, die Kindererziehungszeiten besser anzuerkennen und Geringverdiener zu entlasten. Katja Mast (SPD) betonte, soziale Sicherheit meine aber nicht nur Geld, sondern auch Chancen auf Teilhabe. Auch dafür sei der soziale Arbeitsmarkt wichtig.
Kein Mittel gegen Populisten "Diese Politik schafft Ansprüche, die dauerhaft unfinanzierbar bleiben", entgegnete Johannes Vogel (FDP). Das eigentlich Ärgerliche sei jedoch, dass die Vorschläge zur Vermeidung von Altersarmut überhaupt nichts beitragen. Ein wirksames Mittel gegen Rechtspopulisten seien sie auch nicht. Denn wie lasse sich der Einzug der AfD in den Bundestag trotz der Gießkannenpolitik der vergangenen Jahre erklären?, fragte Vogel.
Gesine Lötzsch (Die Linke) fügte dem hinzu, Altersarmut sei besonders im Osten ein Problem. Damit beschäftige sich die Regierung jedoch genauso wenig wie mit der Kinderarmut und dem riesigen Niedriglohnsektor. "So viel soziale Unsicherheit ist eine Gefahr für unsere Demokratie und wir müssen unsere Demokratie verteidigen", lautete ihr Appell.
Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die erneute Finanzierung der erweiterten Mütterrente aus Beitragsmitteln heftig. Das koste die Beitragszahler in den kommenden Jahren 90 Milliarden Euro und sei eigentlich eine steuerfinanzierte Aufgabe. Beim Kampf gegen Altersarmut und Kinderarmut sei dagegen die dringend nötige politische Bewegung nicht zu erkennen, mahnte Deligöz.
Für Uwe Witt (AfD) ging es in seiner Rede vor allem um die "linke Ideologie" der SPD, die das Land spalte. Einen Beleg dafür fand er im siebten Kapitel des Haushaltsplans mit dem Titel "Arbeitswelt im Wandel, Fachkräftesicherung", dessen Programme nur dazu da seien, "Ihre linke Ideologie zu transportieren". Konkret meinte er die unter Position 68408 verbuchte Summe von 5,7 Millionen Euro, mit der Maßnahmen zur Stärkung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (CSR-Maßnahmen) gefördert werden sollen.
Peter Weiß (CDU) konterte: "Zur Opposition gehört auch, dass man zu den harten Fakten der Arbeits- und Sozialpolitik etwas sagt und Vorschläge macht, aber da kann man von dieser Seite des Hauses nichts erwarten", sagte er in Richtung AfD-Fraktion. Weiß hob dagegen hervor, dass die Bundesregierung die gute wirtschaftliche Lage für echte Leistungsverbesserungen nutze. Durch die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozent würden Bürger und Unternehmen deutlich entlastet. Und die Anhebung der Erwerbsminderungsrente sei ein klares Zeichen der Solidarität an jene, die nicht mehr arbeiten können. "Wir haben keine Angst vor der Zukunft", stellte Weiß klar.
Die Zahlen im Überblick 144,21 Milliarden Euro (2018: 139,18 Milliarden Euro) umfasst der Etat (19/3400, Einzelplan 11) des Ministeriums. Der größte Posten bleibt mit 105,4 Milliarden Euro (2018:100,14 Milliarden Euro) die Rente. Auf 98,1 Milliarden Euro (2018: 94,04 Milliarden Euro) beziffern sich die Leistungen an die Rentenversicherung. Bei diesen Leistungen bilden die Zuschüsse des Bundes an die allgemeine Rentenversicherung mit 36,38 Milliarden Euro (2018: 35,04 Milliarden Euro) den größten Ausgabenposten. Für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung will der Bund im nächsten Jahr 7,1 Milliarden Euro und damit 1,2 Milliarden Euro mehr ausgeben als 2018 (5,9 Milliarden Euro).
Für arbeitsmarktpolitische Leistungen und Programme stellt der Bund, zusätzlich zu den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit, rund 36,7 Milliarden Euro (2018: 37,6 Milliarden Euro) bereit. Fast die gesamten Mittel dieses Bereiches werden für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ausgegeben: 36,12 Milliarden Euro (2018: 36,35 Milliarden Euro). Davon entfallen 20,2 Milliarden Euro (2018: 20,4 Milliarden Euro) auf das Arbeitslosengeld II. Eine deutliche Steigerung um eine Milliarde Euro gibt es bei der Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung, für die 5,9 Milliarden Euro (2018: 6,9 Milliarden Euro) eingeplant sind.