Gastkommentare - Contra : Der falsche Weg
EU-Sozialstandards angleichen?
D as soziale Defizit der EU wird seit langem beklagt: Wirtschaftlich sei Europa mit dem Binnenmarkt geeint, sozial aber gespalten. Abhilfe versprachen viele, passiert ist wenig. Die soziale Angleichung innerhalb der EU lässt sich leichter fordern als umsetzen. Denn wie konkret soll etwa ein europäischer Mindestlohn aussehen, solange die Leistungsfähigkeit der Volkwirtschaften so unterschiedlich ist? Osteuropäische Länder werden sich kaum höhere Niveaus diktieren lassen, da sie Gefahr laufen würden, ihren Wettbewerbsvorsprung zu verlieren. Auf der anderen Seite werden nordeuropäische Staaten ihre hohen Standards nicht senken. Das wäre nicht nur sozial kontraproduktiv - sondern auch schädigend für den Ruf der EU.
In ihr ist der Sozialstaat unterschiedlich ausgeprägt. Das eine Land hat einen strikten Kündigungsschutz, das andere setzt auf Flexibilität und gleicht das mit großzügiger Absicherung im Falle der Arbeitslosigkeit aus. Hier durch einheitliche Vorgaben an einzelnen Stellschrauben zu drehen, kann mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften.
Zu den ökonomischen Risiken kommen die politischen, wenn es um Pläne wie die einer EU-Arbeitslosenversicherung geht. Das in Deutschland oft vorgebrachte Argument, man müsse für andere zahlen, ist schwach. So lange ist es nicht her, dass wir der kranke Mann Europas waren mit hoher Arbeitslosigkeit. Zudem bleibt das Anreizproblem. Ein europäisch finanziertes Sozialsystem droht immer die Reformbereitschaft einzelner Regierungen zu senken. Letztlich muss die soziale Angleichung daher über den wirtschaftlichen Erfolg der EU-Staaten erreicht werden. Dabei können und sollten sie sich selbstverständlich unterstützen.