FORSCHUNG : Der Ruf nach einer Öffnung des Bafög
Koalition will Befristungsgrenzen an Hochschulen verlängern. SPD und Opposition dringen auf mehr Hilfen für Studierende
Geschlossene Universitäten, verlassene Labore und nur vereinzelt geöffnete Bibliotheken. Das Corona-Virus verändert jeden Lebensbereich - auch das der Studierenden und der Wissenschaftler an den Hochschulen. Um in dieser Krise Soforthilfen auf den Weg zu bringen, hat der Bundestag vergangene Woche in erster Lesung über einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (19/18699) beraten.
Mit dem Gesetz sollen die Höchstbefristungsgrenzen an Universitäten nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz um sechs Monate verlängert werden. Der Hintergrund dafür ist, dass zahlreiche Forschungsvorhaben aufgrund der pandemiebedingten Schließungen von Laboren und Bibliotheken nicht oder nur sehr eingeschränkt weitergeführt werden können. "Diese Pandemie soll niemanden hindern, seine Forschungsprojekte umzusetzen", sagte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU).
Zudem sollen Anreize für Bafög-Empfänger geschaffen werden, die während der Pandemie neben ihrer Ausbildung im Gesundheitswesen oder in sozialen Einrichtungen nun auch in anderen systemrelevanten Bereichen, wie etwa der Lebensmittelbranche, jobben.
Verlängerte Befristungen Der Debatte lagen zudem zahlreiche Anträge aller Oppositionsfraktionen zugrunde. So fordert die AfD (19/18728) einen rechtsverbindlichen Anspruch für wissenschaftliche Mitarbeiter auf Verlängerung der Höchstbefristungsdauer von Arbeitsverträgen. Studenten, die einen Bedarf zum Beispiel durch Vorlage des Arbeits- und Mietvertrages vorweisen können, sollen zudem durch eine einmalige Finanzhilfe unterstützt werden. So könne "die maximale Effizienz des eingesetzten Steuergeldes erreicht werden", argumentierte Götz Frömming (AfD).
Die FDP fordert in ihrem Antrag (19/18677) ein Corona-Sofortprogramm für eine krisenfeste Studienfinanzierung. Außerdem soll die Regierung einen Gesetzentwurf zur befristeten und elternunabhängigen Öffnung des Bafög-Volldarlehens für Studenten vorlegen, die im Zuge der Corona-Krise einen relevanten Teil ihres Einkommens verloren haben. Jens Brandenburg (FDP) wies darauf hin, dass vor allem Nicht-Bafög-Empfänger aktuell vor großen Problemen stünden. Er forderte: "Öffnen Sie das Bafög-Volldarlehen für alle, die ihren Nebenjob verloren haben!"
Auch die Linke setzt sich mit ihrem Antrag (19/18688) dafür ein, mehr Studenten mit Bafög vollumfänglich zu fördern. Zudem sollen die Bafög-Freibeträge vom Einkommen der Eltern, des Ehegatten oder des Lebenspartners um zehn Prozent angehoben werden. In einem zweiten Antrag (19/18683) fordern die Linken einen Sozialfonds in Höhe von drei Milliarden Euro zur Unterstützung für in- und ausländische Studenten, die sich wegen der Pandemie in einer finanziellen Notlage befinden. Nicole Gohlke kritisierte den Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD. Sie sagte: "Was Sie den Studierenden und den Beschäftigten an den Hochschulen heute vorschlagen, das ist kein krisensicherer Schutzschirm." Den Studierenden müsste unter die Arme gegriffen werden, ohne dass sie sich verschulden müssten.
Bündnis 90/Die Grünen (19/18707) werben dafür, die Wissenschaft als tragende Säule der Pandemiebekämpfung zu stützen und den Corona-Rettungsschirm auf Studierende und Nachwuchsforscher auszuweiten. So soll das Bafög befristet auf drei Monate durch ein Nothilfe-BAföG ergänzt werden. Danach sollen alle im Sommersemester ordentlich immatrikulierten deutschen und internationalen Studierende antragsberechtigt sein. Kai Gehring (Grüne) warnte: "Wer die finanzielle Lage der Studierenden jetzt verharmlost, der nimmt Studienabbrüche und massenhaft Existenzsorgen in Kauf."
Auch der SPD geht der von ihr mitausgehandelte Gesetzentwurf nicht weit genug. Bärbel Bas (SPD) fragte an die Adresse des Koalitionspartners: "Warum nutzen wir jetzt für die Studierenden, denen wir schnell helfen wollen, nicht das Bafög?". Sie sprach sich ebenfalls für ein Nothilfe-Bafög aus.