gesundheit : Neue Regeln für die Intensivpflege geplant
Kampf gegen Mafia-Methoden
Mit neuen Regelungen in der Intensivpflege wird eine bessere Versorgung der Patienten angestrebt. Außerdem soll dieser aufwendige und kostspielige Pflegebereich in der Zukunft weniger anfällig sein für Fehlanreize und Missbrauch. Die bisherigen Regelungen haben zu fragwürdigen Geschäftsmodellen bei der Versorgung von Beatmungspatienten geführt.
Der Gesetzentwurf (19/19368) der Bundesregierung, der in der vergangenen Woche erstmals beraten wurde, sieht einen neuen Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege vor, die nur von besonders qualifizierten Ärzten verordnet werden darf. Die außerklinische Intensivpflege kann in Pflege- und Behinderteneinrichtungen, in Intensivpflege-Wohneinheiten, zu Hause oder auch in Schulen, Kindergärten oder Werkstätten erbracht werden. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung soll jährlich prüfen, ob die Versorgung sichergestellt werden kann.
Eigenanteile Damit eine Unterbringung nicht aus finanziellen Gründen scheitert, sollen Intensivpatienten in stationären Pflegeeinrichtungen weitgehend von Eigenanteilen entlastet werden. Die Krankenkassen können die Kostenübernahme als Satzungsleistung auch für den Fall anbieten, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten bessert und eine außerklinische Intensivpflege nicht mehr nötig ist.
Wenn bei Beatmungspatienten eine Entwöhnung von der Beatmung möglich erscheint, soll dies vor der Entlassung aus dem Krankenhaus versucht werden. Dazu werden Anreize gegeben und eine zusätzliche Vergütung gezahlt. Ohne einen Entwöhnungsversuch drohen Vergütungsabschläge. Nur geprüfte Pflegedienste sollen eine außerklinische Intensivpflege erbringen dürfen.
Der Gesetzentwurf sieht auch neue Regelungen für die medizinische Rehabilitation vor. So soll der Zugang erleichtert werden. Wenn Ärzte die medizinische Notwendigkeit einer geriatrischen Rehabilitation feststellen, sind die Krankenkassen daran gebunden. Die Regeldauer der geriatrischen Rehabilitation wird auf 20 Behandlungstage (ambulant) beziehungsweise drei Wochen (stationär) festgelegt.
Häusliche Pflege Die Opposition rügte, der Entwurf beinhalte schwere Fehler und müsse nachgebessert werden. Axel Gehrke (AfD) sagte, die häusliche Intensivpflege werde nach Protesten wieder zugelassen, aber nur unter formalen und finanziellen Einschränkungen. Das häusliche Umfeld müsse eine gleichwertige Versorgungsform bleiben. Nicole Westig (FDP) kritisierte, Patienten würden in Angst versetzt, häusliche Pflegemängel nicht melden zu dürfen, weil ihnen sonst eine Unterbringung im Heim drohe. Kostensenkung und Effizienz dürften nicht alleiniges Kriterium in einem so sensiblen Bereich sein. Cornelia Rüffer (Grüne) sagte, die gleichberechtigte Teilhabe sei ein Versprechen der UN-Behindertenrechtskonvention. Deutschland sei weit davon entfernt, dieses Versprechen umzusetzen. Patienten dürften nicht gegen ihren Willen in ein Heim abgeschoben werden. Erwin Rüddel (CDU) hielt der Opposition vor, veraltete Entwürfe zu kritisieren. "Wir haben uns weiterentwickelt." Inzwischen gebe es Wahlfreiheit. Mit dem Gesetz könne ein großer Sprung nach vorne gelingen.
Pflegemafia Pia Zimmermann (Linke) monierte gleichwohl, der Gesetzentwurf habe trotz zahlreicher Änderungen noch inakzeptable Nebenwirkungen. So seien die speziellen Wohngruppen in der Pflege oft unseriös. Private Unternehmen machten mit gefährlicher Pflege einen "Riesenreibach". Dem müsse dringend ein Riegel vorgeschoben werden.
Bärbel Bas (SPD) sprach von einer "Pflegemafia" im Hintergrund, die in der Intensivbetreuung weder Kräfte mit der notwendigen Qualifikation noch mit Möglichkeiten zur Beatmung eingesetzt habe. "Das muss ausgemerzt werden." Mit dem vorliegenden Entwurf werde das aber wohl nicht gelingen, räumte Bas ein und brachte den Aufbau einer bundesweiten Betrugsdatenbank ins Spiel. Die Betrugsfälle müssten aufgeklärt werden. Der Gesetzentwurf gehe in die richtige Richtung, müsse an der Stelle aber nachgeschärft werden.