EDITORIAL : Corona ist überall
Auch wenn die Ansteckungsgefahr in den vergangenen Wochen deutlich gesunken ist: Die Corona-Pandemie ist längst nicht vorüber. Wie schnell vermeintlich beherrschbare Infektionsraten in erschütterndes Massensterben umschlagen können, ist weltweit vielfach zu besichtigen. Beleg dafür, dass es fahrlässig wäre, die hierzulande kaum noch einschränkenden Schutzbestimmungen weiter zu lockern.
Ohnehin wiegen die Corona-Folgen in Privat- oder Berufsleben schwerer als Maskenpflicht und Abstandsgebot. Die Auftragsbücher vieler Firmen sind leer, Handwerker und Kleinbetriebe bangen um die Existenz, Industrieunternehmen warten auf ein Anspringen der Konjunktur, Arbeitnehmer fürchten weiter um ihre Jobs.
Hinzu kommt, dass Corona auch zu Hause das Dasein bestimmt. Plötzlich verordnete Nähe in den eigenen vier Wänden hat manche Familie vor ungeahnte Herausforderungen gestellt; Konflikte zwischen Eltern und Kindern haben zugenommen; der häusliche Alkoholkonsum ist gestiegen, ebenso die Scheidungsrate. Kurzum: Corona ist überall.
Aber diese Pandemie hat auch gezeigt, dass es um das Vertrauen in den Staat besser bestellt ist, als zu vermuten war. Von einzelnen ungeschickten Alleingängen abgesehen, haben Regierungen und Parlamente in Bund wie Ländern von Anfang an den Eindruck vermittelt, Corona und den absehbaren Folgen mit aller Kraft entgegenzutreten. Dieser Wille wird in der Bevölkerung durchaus anerkannt. Daran ändert auch eine überschaubare Gruppe von Verschwörungstheoretikern nichts, die mit einfältigen Parolen nach Kräften die eigene Lächerlichkeit beweist.
Corona hat gezeigt, wie wichtig klare politische Vorgaben sind, um das Virus einzudämmen. Umgekehrt gibt es mannigfach Beispiele dafür, dass wankelmütiges Handeln oder gar ein Verleugnen der Infektionsgefahr unmittelbar in den Tod führen. Wie in den USA, wie in Brasilien und anderswo.
Gelänge es, eine zweite Infektionswelle zu verhindern oder zumindest überschaubar zu gestalten, wäre das ein großer Erfolg. Zumal in der Urlaubszeit, wenn mit den Sommerfrischlern auch das Virus auf Reisen geht. Ein Grund mehr also, vorsichtig zu sein und die Vorsorge ernst zu nehmen.