Aufgekehrt : Nesthockende Jungsozialisten
Muttersöhnchen" nennt der Volksmund Männer, die im Erwachsenenalter noch bei den Eltern leben. Dass es dabei um Söhnchen und nicht um Töchterchen geht, folgt keinem Klischee, sondern ist seit Jahren statistisch belegt, gerade wieder durch die Shell-Jugendstudie: Danach wohnt mit 30 Jahren noch 13 Prozent der ledigen Söhne im Elternhaushalt, aber nur fünf Prozent der Töchter. Agiler, selbstständiger und selbstbewusster seien die jungen Frauen, meint Jugendforscher Klaus Hurrelmann, bessere Bildungsergebnisse hätten sie auch. Die Herren seien offenbar irritiert, "dass Frauen so stark sind" - und bleiben lieber bequem zu Hause.
Eine gewisse männliche Trägheit ist auch in der Politik zu beobachten. So hat der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert erst im zarten Alter von 31 Jahren angekündigt, der SPD-Jugendorganisation den Rücken kehren und für den Bundestag kandidieren zu wollen. Ex-Juso-Chef Niels Annen war ebenfalls 31, als er sich für ein Bundestagmandat bewarb. Selbst hier waren die Mädels schneller flügge: Andrea Nahles beendete ihre Jungsozialisten-Karriere mit 29, Johanna Ueckermann und Franziska Drohsel mit 30.
Hoffentlich ist es Kühnert nicht so ergangen wie Tanguy, dem Nesthocker, im gleichnamigen französischen Film. Weil der mit 28 Jahren immer noch nicht ausziehen will, versuchen die genervten Eltern ihn mit allerhand Schikanen rauszuekeln - etwa durch Sabotage an seiner Doktorarbeit. Da kann Kühnert froh sein, dass er keine hat. Doktorarbeiten haben sich bekanntlich schon öfter als Freifahrtschein zurück ins Hotel Mama erwiesen. Aber wer will schon zurück ins Nest, wenn er endlich einmal ausgeflogen ist