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BERLINALE : Matter Glanz

In dieser Woche starten die Berliner Filmfestspiele - unter den Bedingungen der Pandemie

01.03.2021
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4 Min

Jodie Foster, Michelle Pfeiffer und Michael Caine - auf diesen Hollywood-Stars ruhen die Hoffnung der Berlinale, im Juni Fans an den Roten Teppich zu locken. Namen wie Juliette Binoche, Charlotte Gainsbourgh, Mads Mikkelsen oder Stellan Skarsgard fehlen jedoch, wenn bei dem weltweit größten Publikumsfestival der Vorhang aufgeht. Das Fernbleiben europäischer Stars spiegelt die Verunsicherung auf den Filmmärkten und die Handschrift des künstlerischen Leiters Carlo Chatrian. Durch die Corona-Pandemie waren er und Co-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek gezwungen, ein alternatives Konzept für den Jahrgang 2021 aufzulegen. Schon im Sommer entschieden sie, dass der Europäische Filmmarkt online stattfindet.

Nachdem sich Mitte Dezember abzeichnete, dass die Kinos im Februar geschlossen sein werden, wurde das Festival in zwei Teile aufgesplittet. Mit Ausnahme der "Retro" wird vom 1. bis 5. März das gesamte Programm online für die Branche und mit Abstrichen für Journalisten gezeigt. Nur die Jury schaut die Wettbewerbsfilme mit Ausnahme des Filmemachers Mohammad Rasoulof, der den Iran nicht verlassen darf, im Kino. Neben dem Vorjahrsgewinner des Goldenen Bären entscheiden Nadav Lapid, Adina Pintilie, Ildikó Enyedi, Gianfranco Rosi und Jasmila Zbani, die ebenfalls einen Goldenen Bären im Schrank haben, über die neuen Preisträger.

Hygienekonzept Das Publikum kann die Filme vom 9. bis 20. Juni sehen. Der Berlinale-Palast wird unter den Spielstätten fehlen. Mit einem ausgefeilten Hygienekonzept werden die Programme in zehn Kino und Open-Air gezeigt. So die Planung.

Bei der Auswahl hatten die Verantwortlichen erneut die Qual der Wahl. 6.318 Filme wurden gesichtet, im Vorjahr waren es 6.798. Auf Grund der zu erwartenden Zugangs-Beschränkungen wurden weniger Titel ausgewählt. Im "Forum", dem "Panorama" und der "Perspektive deutsches Kino" hat sich das Angebot halbiert. Das Kinder- und Jugendfestival und der Wettbewerb zeigen rund 20 Prozent weniger Titel. "Berlinale Specials" und "Series" bleiben auf dem Niveau des Vorjahres. Nur bei den "Encounters", im vergangenen Jahr von Chatrian etabliert, wurde von acht auf zwölf Filme aufgestockt.

Das Rennen um den Goldenen Bären prägen Namen wie Radu Jude, Céline Sciamma und Bence Fliegauf. Chatrian hat das Profil zwischen Wettbewerb und "Encounters" geschärft und sie nach seinem aus Locarno bekannten Gusto verändert. Mit einem Unterschied: Die Schweizer Produzenten hatten oft den Eindruck, dass sie von ihm nicht geliebt werden. Die deutschen Filmemacher haben 2021 ein großes Heimspiel.

Dominik Grafs Kästner-Adaption "Fabian oder Der Gang vor die Hunde", Maria Speths Doku "Herr Bachmann und seine Klasse", Maria Schraders "Ich bin dein Mensch" sowie Daniel Brühls Regiedebüt "Nebenan" sind unter den 15 Wettbewerbstiteln. In den "Encounters" können sich die Fans auf "Blutsauger" von Julian Radlmaier freuen, im Panorama vertreten Monika Treut und Anne Zohra Berrached die deutschen Farben. Bei den "Berlinale Specials" sind unter den elf Filmen die neuen Arbeiten von Christian Schwochow "Je suis Karl", Tim Fehlbaums "Tides" und Marc Bauders "Wer wir waren". Etwas Hollywood-Glanz verheißt hier "The Mauritanian" mit Jodie Foster und Benedict Cumberbatch.

Filmhandel Der Eindruck der Bevorzugung der einheimischen Industrie und das Fehlen der großen Namen der Filmszene ist nicht der Berlinale-Leitung anzulasten. Der internationale Filmhandel befindet sich in einer Art Dornröschenschlaf. Die Verleiher sitzen weltweit auf Dutzenden Filmen, die sie nicht herausbringen können. Durch den Stau werden sie wählerischer bei der Auswahl, vielen fehlt auch das Geld für weitere Einkäufe. Ein Großteil der Filme aus den Wettbewerben von Cannes und Venedig steht daher noch zum Verkauf. Daher wird mancher Produzent bereits fertige Produktionen öffentlich zurückhalten und nur auf dem Europäischen Filmmarkt zeigen. Dafür spricht, dass dort mehr Filme angeboten werden als im Vorjahr: Unter den 780 Titeln sind zwei Drittel Marktpremieren. Auch die Zahl der Einkäufer und Verkäufer aus 60 Ländern blieb im Vergleich zu 2020 nahezu gleich.

Mit der Zweiteilung der Berlinale, der Digitalisierung und den Sicherheitsmaßnahmen steigen die Kosten. Knapp 28 Millionen Euro kostete sie im Vorjahr. Eine Aufschlüsselung von Kosten und Einnahmen verweigern sowohl die Berlinale-Leitung als auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Sie unterstützt die Berlinale regulär mit 10,2 Millionen Euro. Dazu kommen Einnahmen aus dem Sponsoring, dem Europäischen Filmmarkt, dem Verkauf von Tickets (geschätzt vier Millionen Euro) und Merchandising-Artikeln sowie den Gebühren für die Einreichung der Filme und Akkreditierungen. Diese Einnahmen sind in diesem Jahr kaum zu erzielen, zugleich entstehen höhere Kosten. Deshalb hat Grütters der Berlinale bereits weitere zehn bis 15 Millionen aus dem Programm "Neustart Kultur" zugesagt.

Doch viele Akkreditierte fühlen sich gerade an das Phänomen erinnert, dass der "Spiegel" zur Verwendung der Mittel aus dem Bundesprogramm beschreibt. Bei ihren Gebühren ging das Maß verloren. Der Obulus für Marktteilnehmer wurde auf ein Drittel reduziert, da sie keine Freikarten für Vorführungen erhalten. Vorstandsvorsitzende großer Unternehmen zahlen aber nun ebenso 89 Euro wie Studenten.

Auch Filmschaffende wurden stärker zur Kasse gebeten. Ihre Akkreditierungsgebühr stieg in den vergangenen zehn Jahren auf das Doppelte, jetzt sind es 150 Euro. Nicht zuletzt sind die Journalisten sauer, weil die Berlinale nicht dem Beispiel der Festivals von Hamburg, Leipzig oder Saarbrücken folgt und auf die Gebühr von 60 Euro verzichtet. Denn alle Pressekonferenzen wurden gestrichen und nicht alle Filme sind für sie online zu sichten. Grundsätzlich fragen sie sich, warum sie bei einer Veranstaltung der Kulturstaatsministerin überhaupt eine Gebühr entrichten, damit sie berichten dürfen.