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Mali-Mission Minusma : Deutscher Einsatz unter Vorbehalt

Die Bundeswehr soll keine malischen Soldaten mehr ausbilden, sich aber stärker in der UN-Stabilisierungsmission einbringen.

16.05.2022
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3 Min
Foto: picture-alliance/dpa/Kay Nietfeld

Deutsche Soldaten im Camp Castor in malischen Gao. Die Bundeswehr ist seit 2016 an der UN-Mission Minusma und seit fast zehn Jahren an der EU-Ausbildungsmission EUTM beteiligt.

Trotz der politisch und militärisch schwierigen Lage im westafrikanischen Mali will die Bundesregierung am deutschen Beitrag für die internationale Stabilisierungsmission Minusma im Norden Landes vorerst festhalten. Die Bundesregierung will die Mandatsobergrenze sogar von 1.100 auf 1.400 Soldatinnen und Soldaten anheben, um bislang von Frankreich übernommene militärische Fähigkeiten auszugleichen, heißt es ihrem Antrag, über den der Bundestag vergangenen Woche erstmals debattierte. Frankreich hatte im Februar verkündet, seinen Anti-Terror-Einsatz in Mali zu beenden, und reißt damit eine große Sicherheitslücke für die verbleibenden Soldaten auf - die Franzosen nehmen unter anderem ihre Kampfhubschrauber mit. Die Ampel-Koalition hat deshalb eine Hintertür in das Mandat eingebaut: Wenn der Schutz für die deutschen Streitkräfte nicht mehr ausreichend gewährleistet werden kann, wird der deutsche Beitrag angepasst oder sogar beendet.

Schon jetzt nahezu ausgesetzt wird der zweite Einsatz der Bundeswehr in Mali, die Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission für malische Streitkräfte, EUTM. Das Engagement soll laut einem zweiten Antrag der Bundesregierung auf minimalem Niveau eingefroren und schwerpunktmäßig ins Nachbarland Niger verlagert werden. Die Mandatsobergrenze soll von 600 Soldatinnen und Soldaten auf 300 sinken, der kleine in Mali verbleibende Anteil soll am Standort Bamako vor allem auf Beratungspersonal reduziert werden. Eine taktische Beratung oder Ausbildung der malischen Streitkräfte soll es bis auf weiteres nicht geben.


„Bei einem Abzug droht ein Dominoeffekt in der gesamten Region.“
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne)

Als Grund für den Rückzug führt die Bundesregierung die Möglichkeit an, dass von der EU-ausgebildete und ausgestattete malische Sicherheitskräfte vor Ort mit russischen Kräften kooperieren und im Kampf gemeinsam eingesetzt werden. In Mali halten sich seit einigen Monaten offenbar Söldner der russischen Wagner-Gruppe auf, um die militärische Übergangsregierung im Kampf gegen Milizen und Terrorgruppen zu unterstützen. Sie und die malischen Streitkräfte stehen im Verdacht, an Menschenrechtsverletzungen wie dem jüngsten Massaker an Zivilisten in Moura beteiligt gewesen zu sein.

Verteidiungsministerin Lambrecht fordert Verlagerung

Mit Blick darauf darf es laut Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) "kein Weiter-so bei diesem Mandat geben". Dies sei weder gegenüber der malischen Zivilbevölkerung noch gegenüber der eigenen Truppe vertretbar, betonte sie im Bundestag. Mit der Verlagerung des Engagements auf das Nachbarland Niger verfolge die EU weiterhin ihr Ziel, für Sicherheit und Stabilität in der Sahel-Region zu sorgen. Außerdem sei die Regierung in Niger ein verlässlicher Partner. Lamprecht zufolge hat die Bundeswehr bisher rund 16.000 malische Soldaten in Mali ausgebildet.

Katja Leikert (CDU) signalisierte die Unterstützung der Unionsfraktion für das veränderte Mandat. Es müsse ein Weg gefunden werden, trotzdem in der Region präsent zu bleiben, betonte sie. "Wenn wir ein Vakuum hinterlassen, werden Russland und die Dschihadisten sich sputen, es zu füllen."

AfD und Linksfraktion forderten hingegen einen sofortigen Stopp beider Einsätze in Mali. Weder EUTM noch Minusma hätten zu einer Stabilisierung der Lage im Kriegsland beigetragen, urteilten Joachim Wundrack (AfD) und Ali Al-Dailami (Linke). Sevim Dagdelen (ebenfalls Linke) warnte vor einem "zweiten Afghanistan". Die Bundeswehr habe den "Krieg" in Mali bereits verloren. Wundrack sagte, ein militärisches Engagement in einem "kulturell fremden Land" sei langfristig wohl zum Scheitern verurteilt.

 Außenministerin Baerbock will Region schützen

Die Ausweitung des Minusma-Einsatzes begründete Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Bundestag mit dem Schutz der Zivilbevölkerung und der "gemeinsamen internationalen Sicherheit". Würde die Bundeswehr ihre Fähigkeiten aus Mali abziehen, drohe "ein Dominoeffekt, der die Region als Ganzes schwer treffen würde". Auch Marcus Faber (FDP) betonte, die Franzosen hätten mit ihren Abzug "ein Vakuum hinterlassen, das es zu füllen gilt".

Jürgen Hardt (CDU) nannte diese Begründungen für den Einsatz zwar richtig. Doch das Mandat lasse wichtige Fragen, etwa die nach der Luftunterstützung für die deutschen Soldaten, offen. Der CDU-Politiker kündigte "harte Beratungen" über das aus seiner Sicht "mit heißer Nadel gestrickte" Mandat an.

Die Bundesregierung sieht bei Minusma die Vereinten Nationen in der Pflicht, für Ersatz wegen der wegfallenden französischen Streitkräfte zu sorgen. Dazu würden bereits "intensive Gespräche" geführt, heißt es im Antrag. Die EU will ihre Mission EUTM im Sommer einer Bewertung unterziehen. Bisher sieht es nicht danach aus, dass der Ausbildungseinsatz bald wiederbelebt wird.