Entwicklung : Annähernd auf Vorjahresniveau
Mit mehr als 13 Milliarden Euro liegt der Etat des Bundesministeriums für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit annähernd auf Vorjahresniveau.
Erleichterung darüber, dass der Etat 2022 des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) nicht wie zunächst vorgesehen gekürzt wurde, hat die Haushaltsdebatte vergangene Woche im Bundestag geprägt. In zweiter Lesung stimmten die Koalitionsfraktionen Ausgaben von insgesamt 13,35 Milliarden Euro zu, die Opposition stimmte dagegen.
Der Regierungsentwurf von Ministerin Svenja Schulze (SPD) hatte Ausgaben von 10,85 Milliarden Euro vorgesehen, im Vorjahr standen noch 12,43 Milliarden Euro zur Verfügung. Dann begann der Krieg in der Ukraine, die Ernährungssituation in Entwicklungsländern verschärfte sich und der Haushaltsausschuss drehte an einigen Stellschrauben im BMZ-Etat. Die Bemühungen mündeten in Ausgaben von 12,35 Milliarden, sodass das Vorjahresniveau annähernd wieder erreicht war. Hinzu kam, dass die Bundesregierung einen Ergänzungshaushalt vorlegte, der unter anderem Mehrausgaben von einer Milliarde Euro für "humanitäre Hilfe, Krisenbewältigung und Ernährungssicherheit im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise" enthielt. Eigentlich im Einzelplan 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) verortet, wurde diese Summe in der Debatte von den Entwicklungspolitikern vereinnahmt und von einem "Rekordhaushalt" gesprochen - auch wenn der CDU-Abgeordnete Volkmar Klein kritisch anmerkte, es sei nicht klar, wer und wie entscheidet, wo diese globale Mehrausgabe am Ende ausgegeben wird. Das erfolgreiche Nachsteuern reklamierten viele für sich: die Ampelkoalitionäre, weil sie schnell auf die veränderte Situation reagiert hätten, und die Opposition, die mit der Zivilgesellschaft Druck ausgeübt habe, um Kürzungen zu verhindern.
Die Ministerin und Koalitionsabgeordnete rückten nichtmilitärische Aspekte in den Vordergrund. So sagte Svenja Schulze, es brauche eine starke Entwicklungszusammenarbeit, die Ungleichheit, Hunger und Armut als Treiber von Konflikten bekämpft. Nahrungsmittelknappheit und steigende Energiepreise dürften die Partnerländer nicht weiter destabilisieren. Sie wies auf das mit der Weltbank initiierte Bündnis für globale Ernährungssicherheit hin, das die Entwicklungsminister der G7-Staaten vereinbart haben. Die deutsche Zusage über 430 Millionen Euro nannte sie ein "wichtiges Signal für unsere Partner". Sorge bereitet der Ministerin der Haushalt für 2023. Die vorgesehenen 10,7 Milliarden Euro bildeten die "bestehende Realität" nicht ab.
Prävention im Fokus
Bettina Hagedorn (SPD) teilte diese Sorge der Ministerin. Den laufenden Etat wertete sie allerdings als "großen Erfolg". Hagedorn stellte den Schwerpunkt der "feministischen Entwicklungspolitik" heraus: Wenn man die Frauen stärke, stärke man auch die Kinder, was Fluchtursachen entgegenwirke. Eine solche Politik stabilisiere präventiv den Frieden. Felix Banaszak von den Grünen ergänzte, eine feministische Entwicklungspolitik sei notwendig, um die "großen Krisen unserer Zeit" zu bewältigen. Er erinnerte daran, dass im BMZ-Haushalt von 2019 Programme, die sich mit der Stärkung von Frauenrechten befassten, nur 2,38 Prozent ausmachten und kündigte an, diesen Anteil zu steigern. Volkmar Klein kritisierte, dass der Haushaltstitel "Zusammenarbeit mit der Wirtschaft" von 267 auf 194 Millionen Euro gekürzt worden sei. Darin enthalten seien Ausgaben zur Finanzierung von Mikrokrediten, die hauptsächlich Frauen zugute kämen. Das sei das Gegenteil einer "Förderung von Frauen".
Deborah Düring (Grüne) nannte als zweiten Schwerpunkt den globalen Klimaschutz und Erhalt der Biodiversität. Der Haushaltsansatz dafür wurde von 751,4 Millionen Euro auf 786,4 Millionen Euro aufgestockt, für Hagedorn ein "großer Wurf". Düring argumentierte, die Mittel im BMZ-Etat müssten im gleichen Umfang ansteigen wie die Verteidigungsausgaben.
Carsten Körber (CDU) dämpfte die Euphorie über Etat-Nachbesserungen mit seiner Aussage, die Ampel-Berichterstatter hätten zu mutlos und unambitioniert agiert. Thomas Rachel (CDU) sprach angesichts der Kürzung von Entwicklungsvorhaben der kirchlichen Hilfswerke "Brot für die Welt" und "Misereor" von einem "falschen Signal". Er vermisste auch das Ziel, 25 Prozent des BMZ-Etats in Bildung zu investieren. Schließlich rief er die Bundesregierung auf, Brachflächen für den Anbau von Brotweizen freizugeben, was sie derzeit verweigere. Durch diese "Fehlentscheidung" könnten rund 800.000 Tonnen Weizen nicht geerntet werden, mit denen drei Millionen Hungernde ernährt werden könnten.
Resilienz soll gestärkt werden
Claudia Raffelhüschen (FDP) sagte mit Blick auf akute Hungersnöte: "Wir müssen sehr viel stärker an der Resilienz der betroffenen Staaten arbeiten", ein Aspekt, den auch die Ministerin betont hatte. Wie anfällig das System "Weizen aus Russland und der Ukraine" ist, werde gerade brutal vor Augen geführt. Ein "wichtiges Signal" sei es auch, dass der Beitrag an den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria um 165 Millionen Euro aufgestockt worden sei.
Feministische Entwicklungspolitik und Klimaschutz sind aus Sicht der AfD-Fraktion "westlicher Ideologieexport", wie Dietmar Friedhoff feststellte. Diese Schwerpunkte hätten nichts mit den Lebensrealitäten der Menschen zu tun. Michael Espendiller (AfD) vermisste eine Steuerung und Erfolgskontrolle in der Entwicklungspolitik: "Wir haben keinen blassen Schimmer, was mit dem überwiesenen Geld passiert."
Victor Perli (Die Linke) beanstandete, dass sich die Spaltung zwischen Arm und Reich massiv verschärft habe - Folge einer Politik, die Millionen Menschen im Stich lasse und Milliardäre reicher mache. Die Explosion der Lebensmittelpreise müsse gestoppt werden. Auch dürfe die deutsche Beteiligung am Welternährungsprogramm keinesfalls gekürzt werden.