Krieg in der Ukraine : "Russland tritt die Menschenrechte mit Füßen"
Erstmalig hat der Europarat mit Russland einen Mitgliedstaat ausgeschlossen. Die G7-Parlamentspräsidenten setzen sich für Friedenskonferenz ein.
Es ist ein absolutes Novum: Erstmals in seiner Geschichte hat der Europarat mit Russland einen Mitgliedstaat ausgeschlossen. Bereits zuvor hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarats (Europarat PV) in einer Entschließung einstimmig den schnellstmöglichen Ausschluss des Landes empfohlen. Russland selbst - bislang immerhin der größte Mitgliedstaat - hatte am Vortag seinen Austritt erklärt, nachdem der Europarat entsprechende Schritte eingeleitet hatte.
"Der Europarat ist die europäische Organisation für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat. Putins Russland tritt all das mit Füßen", erklärte der Leiter der Delegation der Bundestagsabgeordneten zur Europarats PV, Frank Schwabe (SPD), im Interview mit bundestag.de. "Mit dem brutalen Angriffskrieg hat Russland jedes Recht verwirkt, Teil einer europäischen Gemeinschaft der Menschenrechte zu bleiben."
Für die Russinnen und Russen sei es "bitter", dass sie nicht mehr unter den Schutz der Europäischen Menschenrechtskonvention stünden, meint Schwabe. Aber dieser Schutz sei ohnehin nur noch theoretisch gewesen. "Wir werden den Kontakt zur Zivilgesellschaft in Russland auf allen Ebenen intensivieren", versichert er.
Europarat verurteilt russischen Einmarsch
Die Spitzen des Europarats hatten den russischen Einmarsch in die Ukraine am 15. März erneut verurteilt und in einer Erklärung auch der russischen Bevölkerung ihre Solidarität ausgedrückt. Diese gehöre weiter zur europäischen Familie und teile ihre Werte. Der Ukraine werde man im Kampf gegen den Aggressor weiter zur Seite stehen.
Inzwischen hat der Europarat wegen der Beteiligung an der russischen Invasion in der Ukraine auch seine Beziehungen zu Belarus ausgesetzt. Belarus ist anders als Russland kein Vollmitglied des Europarats, da es die Europäische Menschenrechtskonvention nicht unterzeichnet hat. Russland gehörte dem Europarat seit 1996 an.
Appell der G7-Parlamentspräsidenten
Zum russischen Angriff auf die Ukraine haben sich in der vergangenen Woche auch die Parlamentspräsidentinnen und Parlamentspräsidenten der G7-Staaten und des Europäischen Parlaments klar positioniert. Auf Einladung des Deutschen Bundestages hatten sie sich am 16. März zu einer außerordentlichen virtuellen Konferenz getroffen und eine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Darin verurteilen sie den "Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine auf das Schärfste" und zeigen sich "fest entschlossen" dazu beizutragen, "den Frieden in Europa wieder herzustellen und auf diplomatischen Wegen für nachhaltige Stabilität auf dem Kontinent zu sorgen". Unter anderem fordern sie, die Möglichkeit einer künftigen Friedenskonferenz "auf der Grundlage der vollumfänglichen Bestätigung der Rechte des ukrainischen Volkes zu prüfen".
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich nach dem Videotreffen "dankbar, dass unsere Parlamente heute ein eindrucksvolles Zeichen des Zusammenhaltes und der Solidarität mit der Ukraine gesetzt haben". Das ukrainische Volk und die demokratisch gewählte Regierung fänden volle Unterstützung. Außerdem hätten sich die Parlamente der G7-Staaten zu ihrer Verantwortung bekannt, Menschen, die vor dem Krieg aus der Ukraine fliehen, zu helfen und sie aufzunehmen. "Dieser Krieg muss aufhören. Darauf zielen alle unsere Bemühungen", betonte Göring-Eckardt.
Zu den G7 zählen Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten. Deutschland hat am 1. Januar 2022 die G7-Präsidentschaft übernommen, der Bundestag hat zeitgleich den Vorsitz der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der G7-Parlamente inne. Am Donnerstag lädt die deutsche Präsidentschaft zu einem G7-Gipfel in Brüssel ein. Am selben Tag finden dort auch ein Nato- und EU-Gipfel statt, bei denen es auch um den Krieg in der Ukraine gehen wird.
EU-Regierungschefs reisen nach Kiew
Ein besonderes Zeichen der Solidarität haben vergangene Woche die Regierungschefs Polens, Tschechiens und Sloweniens, Mateusz Morawiecki, Petr Fiala und Janez Jansa, gesetzt. Sie reisten während der Kämpfe mit dem Zug nach Kiew und trafen sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Regierungschef Denys Schmyhal. Ziel sei es gewesen, die "eindeutige Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine und ihre Freiheit und Unabhängigkeit zum Ausdruck zu bringen", schrieb Fiala bei Twitter. Morawiecki berichtete: "In Kiew sahen wir verlassene Straßen, Wohnblöcke in Trümmern, zerbombt von russischen Panzern. Schrecklich." In Absprache mit der EU-Führung überbrachten die Regierungschefs ein Hilfspaket der EU, das humanitäre Hilfe und Defensivwaffen umfasst. Auf dem Nato-Gipfel will Polen diese Woche seinen Vorschlag für eine Friedensmission in der Ukraine offiziell einbringen.