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Nachhaltigkeit : Ministerin sieht Erfolg der UN-Agenda 2030 ernsthaft gefährdet

Bundesministerin Svenja Schulze (SPD) will Tempo machen, um die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung doch noch zu erreichen.

21.02.2022
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3 Min

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sieht den Erfolg der Agenda 2030 der Vereinten Nationen ernsthaft in Gefahr. Laut dem 16. Entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung , den im Oktober 2021 noch das Vorgänger-Kabinett vorgelegt hatte, "werden wir keines der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung erreichen, wenn wir in dem bisherigen Tempo weitermachen".

In der Bundestagsdebatte über den Bericht versicherte sie am vergangenen Donnerstag: "Aber das habe ich auch nicht vor. Ich werde das Tempo deutlich erhöhen."

Schulze sieht die Gleichstellung der Geschlechter im Fokus

Ein besonderes Augenmerk will Schulze dabei auf Ziel fünf der Agenda legen: die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen. Für Schulze ist es das "essenzielle Ziel für eine starke und resiliente Gesellschaft, ein Schlüsselfaktor für die gesamte Nachhaltigkeitsagenda". Sie kündigte an, eine feministische Entwicklungspolitik vorantreiben und zusammen mit der Zivilgesellschaft einen umfassenden "Genderaktionsplan" erarbeiten zu wollen.

Auch Schulzes Parteikollegin Rebecca Schamper (SPD) betonte die Bedeutung einer feministischen Entwicklungspolitik. Untersuchungen zeigten, dass Friedensverhandlungen umso erfolgreicher seien und der Frieden umso stabiler wenn Frauen beteiligt würden, berichtete sie. Insgesamt wolle sich die neue Bundesregierung systematisch für Krisenprävention, Konfliktbewältigung und Friedensförderung engagieren und dafür ressortübergreifend zusammenarbeiten.

Grüne fordern mehr Einsazu für Klimaschutz

Die Ziele der Agenda 2030 müssten das Leitmotiv für die gesamte Bundesregierung sein, erklärte auch Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen). Es brauche mehr Einsatz für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit, globale Gesundheit und Impfgerechtigkeit. Eine feministische Perspektive in der Entwicklungszusammenarbeit sei zudem "ein Herzensanliegen der Grünen". Der Gedanke dahinter sei eine Politik, "von der am Ende alle profitieren".

Knut Gerschau (FDP) urteilte, der Entwicklungspolitische Bericht der Vorgänger-Regierung zeige Erfolge, aber auch Schwachstellen auf. Die internationale Zusammenarbeit und der Kampf gegen den Klimawandel müssten verbessert, die Privatwirtschaft stärker einbezogen und die Rechte von Mädchen und Frauen gestärkt werden. "Entwicklungspolitik darf aber nicht auf Dauer abhängig machen", warnte Gerschau. Ziel müsse es sein, dass die Partnerländer ihre Zukunft eigenverantwortlich und selbstbewusst in die Hand nehmen.

Linke fordert Freigabe von Impfstoffpatenten

Cornelia Möhring (Die Linke) sprach sich unter anderem für die Freigabe von Impfstoffpatenten aus. Der Ausbau von Produktionskapazitäten sei angesichts der Tatsache, dass im Januar 2022 nur fünf Prozent der Menschen in ärmeren Ländern vollständig geimpft gewesen seien, zentral für die Pandemiebekämpfung.

AfD strebt Strategiewechsel in der Entwicklungspolitik an

Für die AfD warf Dietmar Friedhoff warf der Bundesregierung einen "linksgrünen Kulturimperialismus" vor. Afrika sei nach 60 Jahren Entwicklungspolitik fragiler und zerrissener denn je, die Bevölkerungsexplosion entziehe "jedem gedachten Erfolg wieder den Boden". Statt Bevormundung benötige der Kontinent Unterstützung bei der Gestaltung eines geschlossenen Binnenmarktes, dem Aufbau von Wertschöpfungsketten und der Umsetzung der Agenda 2063 der Afrikanischen Union. Zwei Anträge der Fraktion (20/704, 20/706) - in denen sie für einen Strategiewechsel in der Entwicklungspolitik und die Förderung des "digitalpolitischen Entwicklungslands Deutschland" plädieren - wurden im Anschluss an die Debatte zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.

Union verteidigt Politik der Vorgängerregierung

Georg Kippels (CDU) verteidigte die Entwicklungspolitik der Vorgängerregierung unter Ex-Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Sie habe das Lieferkettengesetz zur Stärkung grundlegender Menschenrechte in globalen Lieferketten verabschiedet, private Investitionen gefördert und die Eigeninitiative der Partnerländer gestärkt.

Seit 2020 setze das BMZ zudem ein weltweites Corona-Sofortprogramm in Höhe von 4,7 Milliarden Euro um. Nicht zuletzt habe sich der Haushalt des BMZ von 6,3 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf rund 13,4 Milliarden in 2021 mehr als verdoppelt, sodass auch das international vereinbarte Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklung auszugeben, erreicht worden sei. "Wir werden schauen, ob es Ihnen gelingt, diesen furiosen Aufwuchs fortzusetzen", sagte Kippels mit betonter Skepsis in Richtung der Ministerin.

Die Bundesregierung legt alle vier Jahre einen umfassenden Bericht zur Entwicklungspolitik vor. Neben dem Erreichten zeigt er auch aktuelle Herausforderungen und Schwerpunkte auf. Im 16. Bericht ist der globale Klimaschutz eines der Kernthemen. Der deutsche Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung wurde danach von 2014 bis 2020 mehr als verdoppelt.