Debatte zur Finanzlage der Pflegeversicherung : Ampel will keine Leistungen einschränken
Nach Berichten über die desolate Finanzlage der Pflegeversicherung wirft die Koalition der AfD vor, Ängste zu schüren. Eine Reform soll im Herbst kommen.
Dass die soziale Pflegeversicherung (SPV) unterfinanziert ist, kann schon länger als gesicherte Erkenntnis gelten. Trotzdem sorgte die Meldung von der möglichen Zahlungsunfähigkeit vor einigen Tagen für Wirbel. Von einer "Notoperation" war die Rede. Die AfD-Fraktion setzte sodann für Donnerstag eine Aktuelle Stunde mit dem Titel "Drohender Finanzkollaps der Pflegeversicherung" durch, in der die Regierungs- und Oppositionsfraktionen teils heftig aneinander gerieten.
Es soll auch in Zukunft keine Leistungseinschränkungen geben
Gesundheitsfachleute von SPD, Grünen und FDP hielten der AfD vor, Panik zu verbreiten und mit den Ängsten der Bürger zu spielen. Redner der Ampel-Koalition versicherten mit Blick auf Berichte, wonach bei der Pflegeversicherung zeitnah das Geld ausgehen könnte, es werde keine Leistungseinschränkungen geben. Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, noch im Herbst eine Reform zur nachhaltigen Pflegefinanzierung vorzulegen.
Martin Sichert (AfD) stellte fest: "Im Gesundheitswesen brennt es an allen Ecken und Enden." Es sei höchste Zeit für echte Reformen. Die Bundesregierung wolle die Pflegebeiträge um 0,3 Prozentpunkte anheben, zugleich stiegen die Zusatzbeiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 0,75 Prozentpunkte. Sichert verwies auf 5,5 Milliarden Euro an versicherungsfremden Leistungen bei der SPV und 20 Milliarden Euro bei der GKV. Versicherungsfremde Leistungen gehörten aus den Sozialversicherungen herausgenommen.
SPD und Grüne sehen Pflege vor großen Herausforderungen
Heike Baehrens (SPD) räumte ein, die SPV stehe vor großen Herausforderungen. Es gebe aber keinen Grund für "Kassandrarufe". Sie versicherte: "Die Pflegeversicherung wird auch im kommenden Jahr ihre Aufgaben im vollen Umfang erfüllen. Es wird keine Einschränkungen der Leistungen für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen geben." Auch Baehrens forderte eine Ausgliederung versicherungsfremder Leistungen. Alles, was nicht originär Aufgabe der Pflegeversicherung sei, müsse aus anderen Quellen finanziert werden.
Mit der Anzahl der Pflegefälle wächst auch der Betreuungsbedarf. Experten raten dazu, die Prävention zu verbessern.
Die Ampel will höhere Beiträge für die Pflege. Im Bundestag wird dazu grundsätzlich über die langfristige Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung debattiert.
Maria Klein-Schmeink (Grüne) betonte, ein Kollaps der Versicherung sei nicht zu befürchten. Jeder, der einen Pflegebedarf habe, werde diesen auch finanziert bekommen. Es sei gesetzlich geregelt, was passieren müsse, wenn Mittel nicht ausreichten. Sie räumte ein, es habe Kostensteigerungen gegeben, die finanziert werden müssten, auch mit Beitragsanhebungen.
FDP vermisst auch bei sinnvollen Reformen eine Gegenfinanzierung
Jens Treutrine (FDP) stellte fest, die Pflege stehe zwar nicht vor einem Finanzkollaps, aber die Lage der SPV sei ernst. Das sei vorhersehbar gewesen, denn mit guten Absichten werde immer mehr Geld ausgegeben, ohne sich um eine Gegenfinanzierung zu kümmern. Er forderte, den Pflegevorsorgefonds zu stärken und für mehr Kapitaldeckung zu sorgen.
Tino Sorge (CDU) beklagte das aus seiner Sicht schleppende Reformtempo der Koalition. Seit drei Jahren warte die Opposition auf Konzepte für die Pflegeversicherung. “Nichts ist gekommen, und das ist der eigentliche Skandal hier.”