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Impfpflicht gegen Corona : Heftiger Streit über allgemeine Impfpflicht

Fünf Vorlagen zur allgemeinen Impfpflicht liegen vor. Doch mögliche Mehrheiten sind im Bundestag noch nicht im Sicht.

21.03.2022
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Die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ist alles andere als ein Selbstläufer. Das zeigte sich schon in der Orientierungsdebatte Ende Januar, als die Abgeordneten über erste Konzeptskizzen stritten. In der vergangenen Woche lagen zur ersten Beratung konkrete Vorschläge auf dem Tisch. Es geht um fünf konkurrierende Konzepte, darunter drei fraktionsübergreifende Gruppenanträge und zwei Fraktionsvorlagen - eine von der Union und eine der AfD. Ob sich am Ende eine der Vorlagen durchsetzt oder zwei kombiniert werden können, um die erforderliche relative Mehrheit zu erreichen, ist ungewiss. Die Schlussabstimmung wird voraussichtlich Anfang April stattfinden, vorher ist eine Expertenanhörung eingeplant.

Fünf Vorschläge zur Impfpflicht

Der am weitesten gehende Gruppenantrag betrifft die Einführung einer Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren, die ab dem 1. Oktober 2022 gelten soll. Die Abgeordneten schlagen in dem Gesetzentwurf (20/899) vor, zunächst die Impfkampagne zu erweitern und über Impfmöglichkeiten zu informieren. Die Impfregelung soll vierteljährlich evaluiert und bis Jahresende 2023 befristet werden.

Eine andere Gruppe will eine verpflichtende Impfberatung für Erwachsene und eine altersbezogene Impfpflicht ab 50 Jahren ermöglichen. Dem Gesetzentwurf (20/954) zufolge sollen bis zum 15. September 2022 alle Personen ab 18 Jahren entweder über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen oder über den Nachweis einer ärztlichen Impfberatung. Zugleich sollen Voraussetzungen für eine Impfpflicht ab 50 Jahren geschaffen werden.

Die Unionsfraktion schlägt ein Impfvorsorgegesetz vor. Die Abgeordneten fordern in ihrem Antrag (20/978) ein Impfregister, eine verstärkte Impfkampagne und einen Impfmechanismus, der im Notfall vom Bundestag aktiviert werden soll. Demnach kommen Personen ab 60 oder 50 Jahren sowie bestimmte Berufsgruppen für den Mechanismus und auch eine Impfpflicht in Betracht.

In einem dritten Gruppenantrag (20/680) wird auf eine Impfpflicht verzichtet. Der Antrag zielt darauf ab, die Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen und auf die Eigenverantwortung der Bürger zu setzen. Auch die AfD-Fraktion positioniert sich mit einem Antrag (20/516) gegen eine allgemeine wie auch gegen die unlängst in Kraft getretene sektorale Impfpflicht.

Hitzige Debatte

Die Debatte war von den gegensätzlichen Vorstellungen sowie von gegenseitigen Vorwürfen geprägt. Heike Baehrens (SPD) warb für eine Impfpflicht ab 18 Jahren und begründete dies unter anderem mit der großen Impflücke. Baehrens betonte: "Das Virus ist nicht berechenbar." Daher müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, um nicht von einer weiteren Infektionswelle überrollt zu werden. Je mehr Menschen geimpft seien, umso eher seien auch wieder mehr Freiheiten möglich, sagte sie. Sie warb für einen "Weg der Vernunft".


„Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Impfpflicht tot. Es gibt keine Mehrheit in diesem Haus für eine allgemeine Impfpflicht ab 18.“
Sepp Müller (CDU)

Sepp Müller (CDU) sagte hingegen: "Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Impfpflicht tot. Es gibt keine Mehrheit in diesem Haus für eine allgemeine Impfpflicht ab 18." Er warb für den Vorschlag der Union, der eine einigende Wirkung entfalten könne und mehrheitsfähig sei.

Alice Weidel (AfD) wertete die Vorlagen zur Einführung einer Impfpflicht als das "Produkt von verbohrter Besessenheit und ignoranter Tatsachenverweigerung". Sie sagte: "Es gibt keine verfassungsrechtlich zulässige Rechtfertigung für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht." Weidel rief den Befürwortern der Impfpflicht zu: "Sie reiten ein totes Pferd. Bitte steigen Sie ab."

Manuel Höferlin (FDP), der zur Gruppe der Impfpflicht-Gegner gehört, gab zu Bedenken, die Impfung schütze nicht verlässlich vor einer Ansteckung oder der Ansteckung anderer Menschen. Allerdings schütze die Corona-Impfung vor schweren Verläufen und sei daher unbedingt zu empfehlen. Daraus resultiere aber keine Impfpflicht. Die Entscheidung sollte den Bürgern überlassen werden, statt auf staatliche Bevormundung zu setzen.


„Wir wollen die Impflücke bis zum Herbst schließen.“
Andrew Ullmann (FDP)

Andrew Ullmann (FDP) warb für sein Konzept einer verpflichtenden Beratung und einer späteren möglichen Impfpflicht ab 50 Jahren. Eine gute, verpflichtende Aufklärung sei erforderlich, um Ängsten und Unsicherheiten zu begegnen. Er betonte zugleich: "Wir wollen die Impflücke bis zum Herbst schließen." Mit dem vorliegenden Konzept würden Brücken gebaut zu anderen Anträgen.

Lösung finden

Robert Habeck (Grüne), der für eine Impfpflicht ab 18 Jahren eintritt, mahnte, Gruppenanträge könnten die Abgeordneten nicht von ihrer Pflicht entbinden, eine Lösung zu finden, und fügte hinzu: "Am Ende wäre es das Schlimmste, wenn es keine Lösung geben würde." Das Corona-Virus sei viel variantenreicher als angenommen. Zu viele Menschen wollten sich nicht mit einer Impfung schützen. Die Freiheitsforderungen von Wenigen dürften jedoch nicht zu Einschränkungen für Viele führen, sagte Habeck. Die Bevölkerung habe es satt. "Bringen wir diese Pandemie endlich hinter uns."

Tino Sorge (CDU) hielt der neuen Bundesregierung schwere Fehler im Corona-Management vor. Kanzler Olaf Scholz und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) hätten nicht die Kraft gehabt, einen kompromissfähigen Antrag einzuführen. Daher gebe es nun die Situation mit Gruppenanträgen, ohne sichere Mehrheiten. Daher habe die Union einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Es gehe angesichts der neuen Rahmenbedingungen mit der Omikron-Variante nicht um pauschale Lösungen, sondern um Differenzierung.

Kranke Geimpfte

Martin Sichert (AfD) schilderte die aus seiner Sicht absurden Kontaktbeschränkungen im Fall einer Corona-Infektion auch für Kinder. Die Corona-Impfungen entfalteten weder einen wirksamen Fremd- noch einen Eigenschutz. Eine allgemeine Impfpflicht ohne ausreichende Wirksamkeit und Sicherheit sei jedoch verfassungswidrig. Sichert fügte hinzu, es sei "Realsatire", wenn im Bundestagspräsidium alle geimpft seien, vier von sechs Mitgliedern nun aber an Corona erkrankt seien und der Bundestag "trotz dieser offensichtlichen Unwirksamkeit über eine Impfpflicht diskutiert".

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Tabea Rößner (Grüne) hält eine allgemeine Impfpflicht ebenfalls für das falsche Mittel. Die Bedenken bezüglich möglicher Impfschäden müssten ernstgenommen werden, sagte sie, zumal sich die Ausgangslage mit der Omikron-Variante verändert habe. Eine sogenannte sterile Immunität könne mit einer Impfung nicht erreicht werden. Diese Erwartung dürfe auch nicht geweckt werden. Eine allgemeine Impfpflicht wäre aus ihrer Sicht schwierig zu rechtfertigen. Sie forderte mehr Beratung und fügte hinzu: "Wir brauchen weniger Alarmismus und mehr Sachlichkeit."

Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Andrea Lindholz (CSU) ging auf die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes ein, mit der künftig alle tiefgreifenden Corona-Auflagen fallen sollen. Sie rügte, die Maskenpflicht solle quasi abgeschafft werden, während die Inzidenz neue Höchststände markiere und viele Corona-Tote zu beklagen seien.

Sie mahnte: "Die Maske schützt direkt und unmittelbar." Das sei kein großer Eingriff, sondern das mildeste und geeignetste Mittel zum Schutz vor dem Coronavirus. Auf die Maskenpflicht jetzt zu verzichten, sei verantwortungslos und stehe im Widerspruch zur geplanten allgemeinen Impfpflicht. Sie warf der Ampel-Koalition vor: "In Ihrer Gesundheitspolitik herrscht wirklich Chaos."