Komplexe EU-Regulierung : Hersteller von Medizinprodukten stehen vor großen Herausforderungen
Die Medizinprodukte-Branche hat nach einer Neuregelung auf EU-Ebene große Probleme. Die Union befürchte hohe Kosten und lange Verfahren für die Hersteller.
In der Vergangenheit sind Brustimplantate im Körper der Frauen schon mal gerissen. In einem gravierenden Fall hatte eine Firma Tausende mangelhafte Implantate verkauft.
Medizinprodukte sind für die Gesundheitsversorgung von überragender Bedeutung und auch ein wichtiger Wirtschaftszweig. Experten schätzen die Zahl der Produkte auf rund 400.000, darunter beispielsweise Implantate, Herzschrittmacher, Geräte für Diagnostik, Chirurgie oder Intensivmedizin, Verbandsmittel, OP-Material und Labordiagnostika.
Nach Angaben des Branchenverbandes BVMed von 2021 beschäftigt die Branche in Deutschland mehr als 215.000 Mitarbeiter. Der Gesamtumsatz der MedTech-Branche lag den Angaben zufolge 2020 bei rund 34 Milliarden Euro.
Die Regulierung der Medizinprodukte basiert auf einem komplizierten Verfahren
Die Regulierung der Medizinprodukte europaweit ist komplex, die Branche befindet sich nach einer gesetzlichen Neuregelung auf EU-Ebene im Umbruch. Maßgeblich ist die EU-Verordnung 2017/745 (Medical Device Regulation, MDR).
Die Unionsfraktion befürchtet, dass Firmen wegen hoher Kosten und langwieriger Verfahren auf eine Neuzulassung ihrer Produkte in Europa verzichten könnten, wie sie in einem Antrag erläutert, der am Donnerstag Thema im Plenum war. Dietrich Monstadt (CDU) betonte, die Branche stehe vor einer existenziellen Herausforderung. Damit werde auch die Patientenversorgung massiv belastet. Kapazitätsengpässe bei den sogenannten Benannten Stellen führten zu einem Zertifizierungsstau, der nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Patientenversorgung in ganz Europa gefährde.
Monstadt sagte: "Die MDR-Zertifizierung ist zu einem Albtraum geworden." Nötig seien mehr Benannte Stellen, ein "rigoroser Bürokratieabbau" und die Abschaffung der Rezertifizierung für Produkte mit geringem und mittlerem Risiko.
Mangelhafte Brustimplantate aus Bausilikon und Gerätefehler auf Intensivstationen
Martina Stamm-Fibich (SPD) erwiderte mit Blick auf Produktionsskandale, es habe gute Gründe für die Einführung der MDR gegeben. Die Bundesregierung setze sich für eine Umsetzung der Verordnung mit Augenmaß ein. Sie wies Darstellungen zurück, wonach riesige Versorgungsprobleme zu erwarten seien.
Auch Paula Piechotta (Grüne) ging auf frühere Medizinprodukte-Skandale ein und erinnerte an mangelhafte Brustimplantate aus Bausilikon und Gerätefehler auf Intensivstationen. Sie räumte ein, die MDR sei "extrem schlecht umsetzbar", jedoch stehe die Patientensicherheit im Vordergrund.
Mehr Dokumentationspflichten für teils unveränderte Produkte
Kristine Lütke (FDP) rügte, die EU-Verordnung schaffe mehr Dokumentationspflichten für teils unveränderte Produkte. Das Problem hänge auch mit den vielen detaillierten Vorgaben zusammen. Unternehmen empfänden die Regelungen als "komplex und unberechenbar". Christina Baum (AfD) konstatierte: "Wieder einmal erzeugt die EU nur Unmut, Stress und Chaos. Wieder einmal erzeugen EU-Vorschriften mehr Schaden als Nutzen."