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Einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen : Booster gegen Omikron

Unter dem Eindruck der neuen Omikron-Variante hat der Bundestag das Infektionsschutzgesetz nachgeschärft. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht kommt im März 2022.

13.12.2021
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4 Min

In der Coronakrise ist die Eilbedürftigkeit normal geworden. Angesichts hoher Infektionszahlen und unter dem Eindruck der neuen Omikron-Variante hat der Bundestag das Infektionsschutzgesetz (IfSG) nachgeschärft. Im Schnellverfahren durchlief der Entwurf von SPD, Grünen und FDP zur Stärkung der Impfprävention das Parlament. In namentlicher Abstimmung votierten am Freitag 571 Abgeordnete für den in den Beratungen veränderten Entwurf, 80 stimmten dagegen, 38 enthielten sich. Der Bundesrat billigte die Vorlage am selben Tag in einer Sondersitzung.

Einrichtungsbezogene Impfpflicht kommt

Unter den Neuregelungen ragt die Impfpflicht für Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeberufen hervor. Der Gesetzentwurf sieht ab dem 15. März 2022 eine einrichtungsbezogene Impfpflicht vor, um Patienten und Bewohner zu schützen.


„Diese Pandemie ist eine Aufgabe für uns alle und keine Gelegenheit für Parteipolitik.“
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)

In den Einrichtungen müssen dort tätige Personen geimpft oder genesen sein oder ein ärztliches Zeugnis über das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine Covid-Impfung vorweisen. Die neue Regelung gilt etwa für Krankenhäuser, Arztpraxen oder Einrichtungen zur Betreuung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen.

Um die Auffrischungsimpfungen (Booster) zu beschleunigen, dürfen künftig auch Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker vorübergehend Impfungen gegen das Coronavirus verabreichen, sofern sie dafür geschult sind. Stark beanspruchte Krankenhäuser, die planbare Aufnahmen oder Operationen verschoben oder ausgesetzt haben, bekommen erneut einen finanziellen Ausgleich. Damit sollen negative finanzielle Folgen und Liquiditätsengpässe für Krankenhäuser verhindert werden.

 Einheitliche Auflagen seit Anfang Dezember

Der Gesetzentwurf enthält auch eine Präzisierung der künftig ausgeschlossenen und weiterhin möglichen Schutzvorkehrungen der Länder nach Paragraf 28a IfSG. Demnach sind Ausgangsbeschränkungen, Reiseverbote und das Verbot von Übernachtungsangeboten ausgeschlossen. Es bleibt aber möglich, gastronomische Einrichtungen oder Freizeit- und Kultureinrichtungen, etwa Diskotheken und Clubs, zu schließen sowie Messen und Kongresse zu untersagen.

Angesichts der dramatischen Entwicklung hatten sich Bund und Länder bereits Anfang Dezember auf bundesweit einheitliche Auflagen verständigt, beispielsweise die 2G-Regel (geimpft oder genesen) als Zugangsvoraussetzung im Einzelhandel. Virologen gehen davon aus, dass sich die Omikron-Variante noch schneller verbreitet als die Delta-Mutante und raten dringend zur Impfung beziehungsweise Auffrischung.

In der Schlussdebatte appellierte der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an die Opposition, sich einer Zusammenarbeit nicht zu verweigern. "Diese Pandemie ist eine Aufgabe für uns alle und keine Gelegenheit für Parteipolitik." Er fügte hinzu: "Wir haben keine Zeit zu verlieren." Als aktuelle Aufgabe benannte er, die "Delta-Welle" zu brechen und eine "Omikron-Welle" zu verhindern. Lauterbach ging auch auf Kritik ein, wonach die Bundesregierung die Schutzvorkehrungen ständig nachbessern muss. "Die Verbesserung eines Gesetzes ist nicht ehrenrührig", sagte der Minister und fügte hinzu, es sei richtig, die Schutzinstrumente an die aktuelle Lage anzupassen. Er wandte sich aber gegen einen Überbietungswettbewerb von immer schärferen Auflagen. Vielmehr müssten Schutzvorkehrungen konsequent eingesetzt und kontrolliert werden.

Lauterbach will sicheres Weihnachtsfest ermöglichen

Mit Blick auf das nahende Weihnachtsfest versprach Lauterbach, er wolle sich dafür einsetzen, dass ein sicheres Fest möglich werde. Dazu müsse das Impftempo zulegen, an mangelndem Impfstoff solle es nicht scheitern. Lauterbach versicherte: "Ich weiß, dass wir das schaffen werden."

Foto: picture-alliance/dpa/Julian Stratenschulte

Im Kampf gegen die Corona-Pandemiesetzt die Politik auf das Impfen. Um die Gesundheitsnotlage zu überwinden, ist eine allgemeine Impfpflicht im Gespräch.

Erwin Rüddel (CDU) erklärte, die neue gesetzliche Grundlage gehe in die richtige Richtung. Die Nachbesserungen gingen auch auf Vorschläge der Union zurück. Jedoch springe die Ampel-Koalition zu kurz, lege Reparaturgesetze vor und habe den Instrumentenkasten für die Länder reduziert. Ständige Änderungen und Reparaturen inmitten einer dramatischen Lage bewirkten eine Verunsicherung der Bevölkerung und Unmut. Rüddel forderte, die Impfpflicht auf das Personal in Kitas und Schulen auszudehnen.

Maria Klein-Schmeink (Grüne) erinnerte die Union an deren Versäumnisse in der Großen Koalition, weswegen nun nachgebessert werden müsse. "Wir legen einen wichtigen weiteren Baustein für mehr Sicherheit und Schutz gegen Corona vor.". Wichtig seien schnelle Booster-Impfungen, weil mit der Omikron-Variante, die "enormes Potenzial" habe, die Schutzwirkung der Impfungen nachlassen könnte.

Linke kritisiert Verschiebung des Pflegebonus

Die Impfpflicht in Einrichtungen verbessere den Schutz und sorge auch für innerbetrieblichen Frieden. Sie kündigte eine baldige Debatte über eine allgemeine Impfpflicht an. Klein-Schmeink versicherte zudem, der Pflegebonus werde kommen. Er sei nicht Bestandteil des Gesetzes, weil keine validen Zahlen vorgelegen hätten. Der Bonus solle aber unbedingt den richtigen Empfängerkreis erreichen.

Susanne Ferschl (Linke) kritisierte, dass der Pflegebonus verschoben wurde. Die Regierung bringe eine Impfpflicht auf den Weg, könne sich aber nicht auf eine Prämie für Pflegekräfte verständigen, das sei peinlich. Sie rügte: "Im Bund gibt es eher kopflose Hektik als vernünftiges Handeln." Es sei keine langfristige Strategie erkennbar. Die Pandemie könne im Übrigen nur global bekämpft werden, daher müssten Patente für Vakzine und Therapeutika freigegeben werden. Das fordert die Linke auch in einem Antrag (20/201), über den der Bundestag erstmal beriet.


„Schulschließungen darf es nicht mehr geben.“
Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) appellierte an die Bevölkerung, sich gegen Corona impfen und gegebenenfalls boostern zu lassen. Eine Auffrischungsimpfung könne dazu beitragen, die Mutationshäufigkeit zu reduzieren und eine bessere Immunantwort zu bewirken. Mit Blick auf den erweiterten Kreis der Impfberechtigten sagte sie: "In einer Notlage muss jeder impfen, der das darf und kann." Sie erinnerte daran, dass nach einer aktuellen Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) nun auch kleine Kinder geimpft werden könnten. Dies sei wichtig, denn Kinder seien bisher die Verlierer gewesen. Sie betonte: "Schulschließungen darf es nicht mehr geben."

Nach Ansicht der AfD-Fraktion ist die ganze Corona-Krisenstrategie fragwürdig und nicht erfolgversprechend. Tino Chrupalla (AfD) sagte, ständig würden Aussagen geändert. Die Impfpflicht sei ein Wortbruch gegenüber früheren Versprechungen. Dies führe zu einem Vertrauensbruch in den Parlamentarismus. Die Menschen bräuchten eine Perspektive. "Das Vertrauen der Bürger in die Politik und die Politiker ist zutiefst erschüttert."