Tarifstreit im öffentlichen Dienst : Fair, angemessen und gerecht
10,5 Prozent mehr Lohn, mindesten 500 Euro plus: Der Bundestag befasst sich in einer Aktuellen Stunde mit den Forderungen der Gewerkschaften.
Die Linksfraktion stellt sich klar hinter die Verdi-Forderungen bei den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes. "Wir unterstützen die Forderung der Gewerkschaft nach 10,5 Prozent mehr Lohn, aber mindestens 500 Euro mehr, sowie nach 200 Euro mehr für Auszubildende", machte Janine Wissler (Linke) während einer Aktuellen Stunde in der vergangenen Woche deutlich. Das sei keineswegs überzogen, "sondern mehr als berechtigt", befand Wissler. Dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als Vertreterin der Arbeitgeber lediglich fünf Prozent mehr Lohn für die nächsten 27 Monate anbiete, sei hingegen nicht fair, "sondern eine Frechheit".
Fair, angemessen und gerecht müsse die Entlohnung sein. Das ist auch unter den anderen Fraktionen Konsens. Zahlen wurden gleichwohl nicht genannt. Schließlich entscheide nicht der Bundestag darüber, sagte Petra Nicolaisen (CDU). Aufgrund der grundgesetzlich geregelten Tarifautonomie täten das die Tarifpartner. Die Bemühungen der Bundesregierung in den Tarifverhandlungen bewertete sie als unzureichend. "Ich hätte mir mehr Verhandlungsgeschick von der Ministerin erhofft", sagte die Unionsabgeordnete.
FDP: Das Geld muss verdient werden
Konstantin Kuhle (FDP) wiederum hat Vertrauen in das Verhandlungsgeschick Faesers. Es sei richtig, sich nicht gleich im ersten Schritt die Forderungen der Gewerkschaften zu eigen zu machen. "Wir müssen auch daran denken, wo das Geld herkommt, mit dem die Menschen im öffentlichen Dienst bezahlt werden", sagte er. Jeder Euro, der ausgegeben werde, müsse erst in der Privatwirtschaft verdient werden.
Ingo Schäfer (SPD) hält einen Tarifabschluss nach Maßgabe der Metall- und Chemieindustrie für wünschenswert. Die Kommunen jedoch drückten die Altschulden. "Die Kommunen in meinem Wahlkreis werden von Kassenkrediten im Umfang von zwei Milliarden Euro erdrückt", sagte Schäfer. "Wir brauchen noch in diesem Jahr den Altschuldenfonds und einen fairen Tarifabschluss", betonte er.
Grüne: Streikrecht muss bleiben
Beate Müller-Gemmeke (Grüne) wies Forderungen aus den Reihen der Union nach einer Einschränkung des Streikrechts zurück. Das Streikrecht sei im Grundgesetz verankert und ein wichtiges Instrument, "damit die Gewerkschaften auf Augenhöhe Tarifverhandlungen führen können". Das müsse auch die Union akzeptieren, sagte sie.
Vor einer Verstärkung der Inflation durch die Lohn-Preis-Spirale warnte Kay Gottschalk (AfD). Die Inflation sei ohnehin Kern des Problems. Sie sei aber nicht vom Himmel gefallen und auch nicht allein auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen. Vielmehr hätten alle anderen Parteien zugeschaut, wie die Europäische Zentralbank (EZB) handlungsunfähig geworden sei, "weil Sie die Party in Dolce-Vita-Staaten des Südens finanzieren".