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Inklusion am Arbeitsmarkt : Ausgleichsabgabe statt Bußgeld

Bundestag beschließt Gesetzentwurf für einen inklusiveren Arbeitsmarkt: Unternehmen, die keine Menschen mit Behinderung beschäftigen, sollen künftig mehr zahlen.

24.04.2023
True 2024-01-10T15:03:03.3600Z
2 Min

Niemand darf aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden; so steht es im Grundgesetz. Dennoch haben es Menschen mit Behinderung trotz teilweise guter Qualifikation schwerer, eine Stelle zu finden, sind häufiger arbeitslos oder arbeiten für wenig Entgelt in Werkstätten statt auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt. Um dem entgegenzuwirken, hat der Bundestag am vergangenen Donnerstag nach zweiter und dritter Beratung den Gesetzentwurf für einen inklusiveren Arbeitsmarkt in geänderter Fassung angenommen. Die Ampel und Die Linke stimmten dafür, die Union dagegen, die AfD enthielt sich.

Neue Stufe bei Ausgleichsabgabe

Trotz Beschäftigungspflicht gibt es in Deutschland derzeit rund 45.000 Betriebe, die keinen Menschen mit Behinderung beschäftigen. Sogenannte Null-Beschäftiger sollen künftig durch eine neue "vierte Stufe" höhere Ausgleichsabgaben entrichten. Betriebe mit mehr als 60 Angestellten müssen dadurch 720 Euro monatlich pro unbesetzter Stelle zahlen. Bislang gab es drei Stufen der Ausgleichszahlung, die höchste sah einen Betrag von 360 Euro vor.

Deutschland stehe am Beginn einer "schwierigen demografischen Entwicklung", sagte Grünen-Politikerin Corinna Rüffer. Mit Blick auf den drohenden Fachkräftemangel könne es sich die Gesellschaft nicht leisten, Menschen vom Arbeitsmarkt fernzuhalten. Durch das neue Gesetz sollen Unternehmen zusätzlich motiviert werden, Menschen mit Behinderung einzustellen, die in einer Werkstatt arbeiten, sagte SPD-Politiker Takis Mehmet Ali. So ergänzten die Ampelfraktionen den Gesetzentwurf um die Regelung, dass jeder Beschäftigte, der zuvor in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung tätig war, für zwei Jahre auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet werden könne.

Weniger Bürokratie verspricht Jens Beeck (FDP) durch das neue Gesetz. So sollen Anträge beim Integrationsamt nach sechs Wochen automatisch als genehmigt gelten.

Streitthema Bußgeldregelung

Wie bereits in der ersten Lesung kritisierte Wilfried Oellers (CDU) den Wegfall der Bußgeldregelung. Der Staat gebe dadurch seine einzige Möglichkeit aus der Hand, "nicht ausreichende Beschäftigung zu sanktionieren": Bislang konnten Unternehmen, die keine Menschen mit Behinderung beschäftigten, mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro belangt werden. Da dieses Instrument als "stumpfes Schwert" kaum zum Einsatz gekommen sei, habe man sich für die Streichung entschieden, begründete die Parlamentarische Staatssekretärin Kerstin Griese (SPD) den Schritt am vergangenen Mittwoch im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Im Jahr 2022 habe es lediglich sechs Bußgeldverfahren gegeben. Dass die Ampel allerdings nicht geschlossen hinter der Streichung des Bußgeldes steht, machte die Grüne Rüffer deutlich. Auf Nachfrage bestätigte sie, dass es richtig gewesen wäre, die Vorschrift im Gesetz zu belassen.

Jürgen Pohl (AfD) forderte auf Anreize wie Bonuszahlungen für Unternehmen zu setzen statt auf Sanktionen, um die Beschäftigungsquote zu erhöhen.

Sören Pellmann (Die Linke) zeigte sich insgesamt zufrieden mit dem Entwurf. Dennoch hätte sich seine Fraktion höhere Ausgleichsabgaben gewünscht. Ebenso kritisierte er, dass Unternehmen die Ausgleichsabgabe weiterhin als Betriebsausgabe steuerlich absetzen könnten. Dies sende "ein völlig falsches Signal" an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.