Neue Finanzquelle für die Rentenversicherung : Die Aktienrente kommt
Mit einem Darlehen von zehn Milliarden Euro soll ein Kapitalstock aufgebaut werden, um die gesetzliche Rentenversicherung auch in Zukunft stabil zu halten.
"Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben. Um diese Zusage generationengerecht abzusichern, werden wir zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen." Das haben SPD, Grüne und FDP vor einem Jahr in ihren Koalitionsvertrag geschrieben und wollten dieses Vorhaben offensichtlich nicht auf die lange Bank schieben. Deshalb sind im Bundeshaushalt erstmals zehn Milliarden Euro als Anschubfinanzierung für die sogenannte Aktienrente eingestellt.
Es ist vor allem ein Projekt der FDP
Die Aktienrente ist vor allem ein Projekt der FDP, für das sie bereits vor der letzten Bundestagswahl trommelte. Johannes Vogel, damals noch rentenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, heute Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, nannte noch kurz vor der Wahl im September in einem Gastbeitrag der FAZ das jetzige Rentensystem nicht mehr tragfähig. Grund: Jedes Jahr bezuschusst der Bund die gesetzliche Rente mit immer höheren Summen, die schon seit einigen Jahren die 100-Milliarden-Euro-Marke überschreiten. "Und die Babyboomer gehen erst noch in Rente!", warnte er. Die FDP würde deshalb mit ihrem Vorschlag "ganz neu denken".
Der Einstieg in eine Kapitaldeckung sei ein wichtiger Schritt, um die Rente demografiefester zu machen und das Rentenniveau langfristig zu steigern, heißt es in einem Papier des Bundesfinanzministeriums, das Anfang November bekannt wurde. Der für den Einstieg in die Kapitaldeckung notwendige Kapitalstock, eine sogenannte Aktienrücklage, taucht nun erstmals im Haushalt für das kommende Jahr auf, allerdings sollen die zehn Milliarden Euro zunächst als Darlehen zur Verfügung gestellt werden.
Die Verwaltung soll öffentlich-rechtlich sein
Erträge des Kapitalstocks sollen ab Mitte der 2030er Jahre einen Beitrag zur Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung leisten, heißt es in dem Papier. Die Zweckbindung der Erträge des Kapitalstocks zugunsten der Deutschen Rentenversicherung soll gesetzlich verankert werden. Der Fahrplan sei sowohl mit dem Arbeits- sowie Wirtschaftsministerium abgestimmt, schreibt das Finanzministerium. Ziel sei, mit dem Kapitalstock die Renditechancen des globalen Kapitalmarkts zu nutzen und die Verwaltung des Fonds an eine neu zu gründende, unabhängige öffentlich-rechtliche Stelle zu übertragen.
Bisher wird die gesetzliche Rente aus Beiträgen der Versicherten, die immer weniger werden, und Zuschüssen des Bundes, die immer größer werden, finanziert. Der demografische Wandel hat deshalb schon zu einigen Rentenreformen, wie der Einführung der privaten, aber vom Staat geförderten Riester-Rente geführt. Diese steht jedoch vor dem Aus und soll durch neue Angebote ersetzt werden.
Die Rente auf einen Blick
👵 Die Rente wird bisher aus Beiträgen der Versicherten und Zuschüssen des Bundes finanziert. Aufgrund des demografischen Wandels gibt es jedoch immer weniger Versicherte.
💶 Der Bund bezuschusst die Rente mit immer höheren Summen - mit mehr als 100 Milliarden Euro jährlich.
📈 Für die Stabilität des Systems soll die gesetzliche Rentenversicherung künftig teilweise durch Gewinne aus Aktiengeschäften finanziert werden.
Die Bundesregierung verweist bei ihren Plänen zur Aktienrente gern auf europäische Nachbarländer, zum Beispiel Schweden. Dort fließen 2,5 Prozent vom gesetzlichen Versicherungsbeitrag verpflichtend in Aktien und Anleihen, was die FDP auch in Deutschland gerne gesehen hätte, aber nicht durchsetzen konnte.
Noch sind viele Details unklar, Kritiker sehen einen Erfolg der Aktienrente nur durch einen nicht-staatlichen Fondsverwalter gewährleistet oder lehnen eine Finanzierung über Schulden ab. "Ob es eine echte Entlastung ist, sich auf dem Kapitalmarkt zu verschulden, um dann aus den Erträgen eines Kapitalstocks Schuldendienste mit Zins und Zinseszins zu zahlen, ist höchst zweifelhaft", schreibt etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund.