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Foto: picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Alex Brandon
Donald Trump umarmt eine amerikanische Fahne während seines Auftritts auf der Conservative Political Action Conference.

Die Radikalisierung der Republikaner : Immer weiter nach rechts

Annika Brockschmidt beschreibt die Radikalisierung der Republikanischen Partei in den USA. Die rund 250 Jahre alte Demokratie hält sie für gefährdet.

26.04.2024
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4 Min

Keine Frage, dieses Buch trifft einen Nerv. Groß ist nicht zuletzt in Deutschland die Sorge, dass Donald Trump die nächste US-Präsidentenwahl im November 2024 gewinnt und dies zu einer schweren Krise oder gar zum Untergang der amerikanischen Demokratie führen könnte. Die Publizistin Annika Brockschmidt hat jetzt das Buch "Die Brandstifter" veröffentlicht, in dem sie die Radikalisierung der Republikanischen Partei in den vergangenen Jahrzehnten beschreibt. Es endet mit einer dramatischen Warnung: "Von nun an - es mag noch so pathetisch klingen - steht bei jeder der kommenden Wahlen nicht weniger als die amerikanische Demokratie auf dem Spiel."

Verwischte Grenze zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus

Brockschmidt lässt keinen Zweifel daran, wo sie selbst politisch steht: So schreibt sie, "das Kernprojekt des Konservativismus" sei stets "die Aufrechterhaltung von Hierarchien und Abhängigkeitsverhältnissen - im privaten wie im öffentlichen Raum". Auf Grundlage dieser doch etwas unterkomplexen Sicht räumt sie zwar ein, dass es zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus Grenzen gebe, diese aber "unter bestimmten Bedingungen verwischen" könnten. Dies gelte zum Beispiel, wenn "marginalisierte Gruppen den Platz in der gesellschaftlichen Ordnung verlassen".


„Von nun an - es mag noch so pathetisch klingen - steht bei jeder der kommenden Wahlen nicht weniger als die amerikanische Demokratie auf dem Spiel“
Annika Brockschmidt

Es ist natürlich legitim, aus einer linken Warte zu argumentieren. In ihrem Buch verwischt Brockschmidt jedoch nicht nur die doch sehr klare Grenze zwischen konservativen Positionen und Rechtsextremismus. Sie unterscheidet auch kaum zwischen radikaler Rhetorik, die in den USA sehr viel akzeptierter ist als in Deutschland, und realer Politik. Auch fehlt ihr das Gefühl dafür, wie sich das linke und das rechte politische Lager in den Vereinigten Staaten oft gegenseitig aufstacheln.

Aufstieg der Tea-Party-Bewegung seit 2009

Auf Grundlage eines klaren Freund-Feind-Denkens sieht und beschreibt Brockschmidt eine nahezu bruchlose Linie der Radikalisierung der Republikanischen Partei gegen "progressive" Entwicklungen in der amerikanischen Gesellschaft. So habe sich auch im Aufkommen der Tea-Party-Bewegung seit 2009 "ein populistisches und rechtsextremes Momentum freigesetzt, das sich seit Jahrzehnten angestaut hatte".

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Sehr überzeugend schildert sie allerdings, welche Rolle versteckte rassistische Botschaften in vermeintlich harmlosen Äußerungen Republikanischer Politiker und Strategen spielen - sogenannte "Dog Whistles". Dieses Hundepfeifen-Prinzip ermögliche "es dem Sprechenden, glaubhaft abzustreiten, sich rassistisch geäußert zu haben, während die eigentliche Zielgruppe den rassistischen Appell sofort als solchen verstand". Sie zitiert einen Wahlkampfmanager des früheren US-Präsidenten Ronald Reagans, wonach man anders als in den 1950er Jahren nicht mehr offen rassistisch auftreten dürfe - "das schadet einem und geht nach hinten los". Stattdessen müsse man über Steuersenkungen und ähnliche Themen reden "und ein Nebenprodukt von ihnen ist, dass Schwarze schlimmer davon getroffen werden als Weiße".

Schwarze Praktikanten im Weißen Haus als Alibi

Auch Trump, den Brockschmidt treffend als Mischung aus Instinktpolitiker, Rechtspopulisten und Entertainer beschreibt, ist eine Meister solcher codierter Botschaften. Unvergessen ist das berühmte Foto der Praktikanten in seiner Zeit im Weißen Haus, auf dem man wie als Alibi am Rand je eine schwarze Frau und einen schwarzen Mann sah und sonst nur Dutzende von Weißen. Ob allerdings umfangreiche Sozialprogramme, wie sie Brockschmidt befürwortet, der richtige Weg und überhaupt mehrheitsfähig wären, um den Rassismus in den USA zu bekämpfen und die Situation der schwarzen Bevölkerung nachhaltig zu verbessern, steht auf einem anderen Blatt.

Die Autorin, die sich nach ihrem ersten, 2021 erschienenen Bestseller "Amerikas Gotteskrieger. Wie die christliche Rechte die Demokratie gefährdet" des Vorwurfs erwehren musste, für ihre Recherchen selbst nicht in den USA gewesen zu sein, hat das Land mittlerweile mit einem Stipendium der Heinrich-Böll-Stiftung bereist. Die große Mehrzahl der Experten, mit denen sie gesprochen hat, stammen ebenfalls aus dem linken oder linksliberalen Spektrum. Personen, die dem tatsächlich einflussreicher werdenden radikalen Flügel der Republikanischen Partei angehören, hat sie aber offenbar nicht interviewt. Stattdessen zitiert sie beispielsweise die Historikerin Heather Cox Richardson mit den Worten, wenn Trump die Wahl im November gewinne, würden "Leute an die Macht gebracht werden, die alles niederbrennen wollen". Wenn das bedeute, "dass die Nato auseinanderfällt oder dass Amerikaner verhungern oder an Pandemien streben, ist ihnen das egal. Hauptsache, sie besiegen ihre Feinde".

Mangelndes Vertrauen in die 250-jährige Demokratie

Es ist nicht zu bestreiten, dass sich die amerikanische Politik stark polarisiert hat und daraus Gefahren für das politische System erwachsen. Gleichwohl könnte man - zumindest bis zum Beweis des Gegenteils - vielleicht doch ein wenig mehr Zutrauen in eine Demokratie haben, die in den vergangenen knapp 250 Jahren immerhin einen Bürgerkrieg, zwei Weltkriege, eine Trump-Präsidentschaft und so manches mehr überstanden hat.


Annika Brockschmidt:
Die Brandstifter.
Wie Extremisten die republikanische Partei übernahmen.
Rowohlt,
Berlin 2024;
368 Seiten, 24,00 €