Glosse : Döner als Gastgeschenk
Bundespräsident Steinmeier besucht die Türkei - und bringt zur kulinarischen Annäherung an einen schwierigen Partner einen Berliner Dönerspieß mit.
Besonderes Gastgeschenk anlässlich von 100 Jahren diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r) schneidet unter Anleitung des Berliner Gastronoms Arif Keles in der Residenz des deutschen Botschafters in Istanbul Döner.
Im Bundespräsidialamt haben höhere Dienstränge wochenlang Nachtsitzungen abgehalten, um eine grandiose Idee zu entwickeln. Präsident Steinmeier hatte die unübliche Kreativphase erzwungen mit einem glasklaren diplomatischen Auftrag: "Hey Leute, wir können nicht ohne Gastgeschenk zu den Türken fahren." Die Idee: "Wir brauchen ein Mitbringsel von kultureller und gesellschaftlicher Bedeutung, Schönheit, Originalität und Charme." Das Ergebnis der diplomatischen Feinschmeckerei: Der Döner als "deutsches Nationalgericht"!
Eine deutsch-türkische Erfolgsgeschichte
Gegen den Berliner Döner türkischer Provenienz ist nicht viel zu sagen. Oft ist er zu scharf, meist zu salzig, auch bleibt die Zusammensetzung des frivolen, riesigen Fleischballens besser ohne gründliche Laboranalyse, aber mit Knoblauch und türkischem Fladenbrot ist der Döner ein Hingucker und Gutschmecker. Dass der Türken-Spieß gesellschaftlich relevant ist, zeigte unlängst eine Intervention der Abgeordneten Hanna Steinmüller (Bündnis 90/Die Grünen), die bei den Haushaltsberatungen forderte, die stark gestiegenen Dönerpreise in Berlin zu senken, um den Kids langfristig eine ausgewogene Ernährung zu sichern.
Trotzdem motzen Türkei-Versteher, was Steinmeier geritten haben mag, die Kulturnation auf Fastfood zu reduzieren. Wenn Steinmeier nach Italien fahre, habe er auch keine Pizza im Gepäck. Tatsächlich haben die Türken den Corona-Impfstoff hervorgebracht, Türkiyemspor, hochgebildete Vorbeter in Moscheen und Familienclans mit witzigen Geschäftsideen. Möglich, dass der türkische Präsident Erdogan angefressen ist und bei seiner nächsten Deutschland-Reise zurückschlägt: mit gammeligen Bratkartoffeln für Schloss Bellevue.