Glosse : Krieg im Kino
Keine Specialeffects und kein Happy End:Der mit einem Oscar prämierte Film "20 Tage in Mariupol" zeigt in bedrückender Deutlichkeit die Schrecken des Ukraine-Kriegs.
In dem Kino in Potsdam-Babelsberg will keine Stimmung aufkommen. Warum auch. Auf dem Programm steht ein Dokumentarfilm, bei dem einem speiübel werden kann: "20 Tage in Mariupol." Filmmaterial von der Front im Osten der Ukraine, gedreht von AP-Journalisten, die ihr Leben riskiert haben, als die schweren russischen Panzer anrückten. Die Presseleute bekommen später für ihren verstörenden Film einen Oscar: Echtes Blut in der Glitzerscheinwelt von Hollywood, keine Kulissen in dem Fall, und leider auch kein Happyend.
Maria und ihre Mutter sind auch da an diesem Abend in Potsdam. Sie haben aus eigener Initiative die ukrainische Community zusammengeholt und wirken nervös. Maria stammt aus Kiew und arbeitet in Deutschland. Im Foyer des Kinos blickt sie todernst, sie schafft es den ganzen Abend nicht, zu lächeln, stattdessen redet sie energisch auf die Leute ein, als müsste noch jemand aufgerüttelt werden.
Das ist nicht nötig. Putin will angeblich nur militärische Infrastruktur in der Ukraine treffen, doch der Film zeigt, wie Granaten in Wohnblocks und im Krankenhaus detonieren, verzweifelte Frauen und Kinder verkriechen sich irgendwo. Alte Leute schauen aus glasigen Augen geradeaus.
"Im Kino fangen Frauen leise an zu weinen."
Wir sehen, wie Ärzte sich auf einem Scherbenteppich um ein schwer verletztes Kind kümmern - vergeblich. Die geschockte Mutter hockt versteinert im Flur des bunkerähnlichen Baus.
Im Kino fangen Frauen leise an zu weinen. Im Saal wird die ukrainische Nationalhymne gesungen, ein deutscher Lokalpolitiker sagt irgendwas von Solidarität. Marias Mutter hält eine Rede. Die Kinobesucher skandieren "Ruhm der Ukraine". Dann verschwinden die Besucher wieder hilflos in der schwarzen Nacht.