Glosse : Offener Brief an gequälte Schüler
Die Jugend von heute ist ein hoffnungsloser Fall - sagt eine Generation, aus der auch schon nichts werden sollte.
Hey Du da, ja Du mit der miesen Note und dem schlechten Gewissen. Musstest Du Dir auch schon anhören, dass aus Dir garantiert nichts wird im Leben? Wer nichts wird, wird Wirt, haben wir damals in der Schule gelernt, als Klempner noch nicht von der CDU verunglimpft wurden, wir überzeugte Lesestümper waren und Zahlennieten, als wir lieber schlecht Fußball spielten als schlechte Gedichte aufzusagen.
Alle paar Jahre rächen sich die Erwachsenen heute, weil ihre Jugend dahin ist und sie dem grauen Alter entgegen siechen. Dann ziehen sie den neuesten PISA-Schocker aus dem Ärmel und machen Euch fertig nach allen Regeln moderner Pädagogik: PISA-Versager, Risikoschüler, Bildungsverlierer! Immer feste druff, lieber belehren als lehren. Ihr sollt es Euren brillanten, hochqualifizierten Eltern und Lehrern gleichtun, die in ihrer Schulzeit geglänzt haben wie Altmetall, auch mit Abwesenheit natürlich. Höhö.
Die haben ihre Schulzeugnisse längst feierlich verbrannt, während sie kiffend und Sangria-saufend um das Lagerfeuer herumsprangen und Janis-Joplin-Songs grölten, von denen sie kein Wort verstanden. Wusstet Ihr? Dieselben Leute, die früher nicht lesen, schreiben und rechnen konnten, die keinen Schimmer hatten, wo Burkina Faso liegt oder wer die Geliebte von JFK war, sind heute Doktoren (abgeschrieben), Professoren (Hochstapler), Kultusminister (bestochen), Lehrer (depressiv) oder Bildungsexperten (Langzeitstudent).
Du, Schüler, wenn sie Dir morgen befehlen, Du sollst so sein wie die Alten, alles so machen wie die Leute vor 50 Jahren, der Kultusministerkonferenz huldigen und das Handy endlich ausschalten, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!