Glosse : Tatsächlich... Liebe?
Liebe ist für die Fifa-Funktionäre eine politische Botschaft und damit unerwünscht. Aber der Profifußball ist ohnehin eine eher herzlose Angelegenheit.
Uli Hoeneß hat es wieder getan. Nach wilden Auseinandersetzungen mit Kollegen wie Willi Lemke ("Volksverhetzer"), Christoph Daum ("Du musst einmal über dich schauen, das ist ein Fußball da, kein Heiligenschein"), Reportern ("Scheiß-Frage") und Fans ("Die Scheiß-Stimmung, da seid Ihr doch für verantwortlich") lässt die Fußball-WM in Katar den Ex-FC Bayern-Manager wieder toben. Einst Verfechter des Turniers im Golfstaat grätschte er im September mit Verweis auf wichtige Öl- und Gaslieferungen gegen Katar-Kritiker und Fußball-Funktionär Andreas Rettig ("König der Scheinheiligen").
Politisches Spiel
Als der erste Ball über den Rasen von Al Khor rollte, die Aufregung um die Wüsten-WM in neue Höhen stieg und die Einschaltquoten in den Keller sanken, vollzog Hoeneß einen flotten Seitenwechsel. Fifa-Präsident Infantino ist für Bayerns Oberpolterer nun eine "Katastrophe für den Weltfußball", der DFB "mutlos", weil er vor der Fifa und ihrem Verbot der "One Love"-Binde eingenickt ist und Kapitän Neuer beim verpatzten Auftaktspiel gegen Japan stattdessen die "No Discrimination"-Binde trug.
Merke: Liebe ist für die Fifa-Funktionäre eine politische Botschaft und damit unerwünscht, der Einsatz gegen Diskriminierung - ja was? Na egal. Der Profifußball ist ohnehin eine eher herzlose Angelegenheit, mit oder ohne Uli Hoeneß oder Infantino. Dessen jüngstes Bekenntnis ("Ich weiß, wie es ist, diskriminiert zu werden. Ich wurde gemobbt, weil ich rote Haare hatte") wird Homosexuelle und Transmenschen auf der arabischen Halbinsel sicher zu Tränen rühren. Ein Foto zeigt den Fifa-Boss übrigens später beim Deutschland-Spiel mit Bundessportministerin Nancy Faeser. Verschmitzt lächelnd zeigt er auf die "One love"-Binde an ihrem linken Arm. Immerhin einer hat offenbar Spaß an dieser WM.