Gesetz zur Energiesicherheit : Enteignung nicht ausgeschlossen
Die Bundesregierung plant ein Gesetz, um im Krisenfall Unternehmen der kritischen Infrastruktur unter treuhänderische Verwaltung zu stellen oder zu enteignen.
Um Versorgungssicherheit gewährleisten und im Krisenfall schnell handeln zu können, will die Bundesregierung das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) aus dem Jahr 1975 aktualisieren. Es ermächtigt die Regierung, im Falle einer unmittelbaren Gefährdung der Energieversorgung im Wege von Rechtsverordnungen Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört die Möglichkeit, im Krisenfall Unternehmen, die kritische Energie-Infrastruktur betreiben zum Beispiel Gas- und Stromversorgung - unter treuhänderische Verwaltung zu stellen. Im Extremfall, unter klar benannten und engen Bedingungen, ist auch eine Enteignung möglich.
Die Regierung will gewappnet sein
"Wir versuchen uns zu wappnen", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Oliver Krischer (Grüne), am Freitag im Bundestag zur Begründung der Novellierung: Niemand wisse, ob und wann Russlands Präsident Putin die Energierversorgung als Waffe einsetze. Andreas Jung (CDU) signalisierte grundsätzliche Zustimmung zu dem Vorhaben, machte aber Gesprächsbedarf geltend: Ja, die Regierung brauche vorsorglich zusätzliche, auch schwerwiegende Eingriffsmöglichkeiten und müsse schnell handeln können - aber umso wichtiger sei die mindestens nachträgliche Mitsprache des Parlaments.
Nina Scheer (SPD) unterstrich die Verantwortung des Staates: "Energieversorgung gehört zur Daseinsvorsorge." Michael Kruse (FDP) rechtfertigte die Möglichkeit von Enteignungen, wenn sie, wie angedacht, dem Schutz des Wettbewerbs dienten - und machte klar, dass für die FDP deshalb die schnellstmögliche Re-Privatisierung im Gesetzentwurf festgeschrieben werden sollte. Dem widersprach Gesine Lötzsch: "Wir als Linke sagen, die kritische Infrastruktur gehört dauerhaft in öffentliche Hand." Für Reiner Kraft (AfD) ist die Novelle das Eingeständnis des Scheiterns der Energiepolitik in der Vergangenheit.
Preisanpassungen sollen künftig zulässig sein
Mit der angestrebten Novelle erhält die Bundesregierung auch die gewünschte digitale Plattform für die Gasversorgung, mit der sich Verbrauch und Verteilung zentral steuern lassen. Preisanpassungen sollen künftig zulässig sein: Bei verminderten Importen werde der Preis am Markt deutlich steigen. Könnten Energieunternehmen die Preise nicht bezahlen beziehungsweise ihre Verträge nicht erfüllen, drohten finanzielle Schieflagen bis hin zu Insolvenzen. Würden aber die Energieunternehmen wegbrechen, drohten Störungen im gesamten Markt. Deshalb sollen die Unternehmen Preiserhöhungen befristet weitergeben dürfen.