"Trauzeugen-Affäre" : Habeck für härtere Compliance-Regeln
Neue Vorwürfe gegen einen Staatssekretär in Habecks Wirtschaftsministerium. Der Minister will die Complianceregeln schärfen.
Mögliche Interessenskonflikte und Verstöße gegen die Compliance-Regeln im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) waren das Thema einer erneuten gemeinsamen Sitzung des Wirtschaftsausschusses und des Ausschusses für Klimaschutz und Energie.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) war zwei Wochen nach seinem letzten Auftritt in den beiden Ausschüssen erneut zu Gast bei den Abgeordneten, um deren Fragen zu neuen Vorwürfen an sein Ministerium zu beantworten. Anders als in der Sitzungswoche Anfang Mai tagte der Ausschuss diesmal öffentlich.
Nur wenige Tage nach der Entlassung von Staatssekretär Patrick Graichen als Folge der "Trauzeugen-Affäre", ist ein weiterer hoher Beamter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz in die Kritik geraten. Unter anderem geht es darum, dass Staatssekretär Udo Philipp den Gründer Sebastian Böhmer, in dessen Unternehmen First Momentum Ventures Philipp investiert hatte, für den Beirat "Junge Digitale Wirtschaft" vorgeschlagen hatte.
Der Beirat berät das BMWK zum Thema Gründungen. So stand erneut die Frage im Raum, ob ein Beamter des BMWK seinen Posten dazu genutzt hat, sich oder ihm nahestehenden Personen Vorteile zu verschaffen.
Ein weiterer Konfliktpunkt ist, dass Staatssekretär Philipp, der im BMWK unter anderem für Start-up-Politik verantwortlich ist, Anteile an vier Start-ups hält. "Es ist richtig, dass ich im Ministerium federführend für die Start-up-Szene verantwortlich bin, ich sehe jedoch keinen Interessenskonflikt", sagte Philipp, der ebenfalls in der Ausschusssitzung befragt wurde.
Habeck verteidigte seinen Staatssekretär; er habe vor Antritt seines Postens im BMWK seine Beteiligungen transparent gemacht. Die Fragen der Abgeordneten nach der Trennung von dienstlichen und privaten Interessen der Beamten im Ministerium seien berechtigt. "Man darf diese Fragen stellen. Aber dann nicht nur an Udo Philipp", so Habeck.
Habeck: "Regelverschärfungen dann allerdings für alle"
Strengere Compliance-Regeln seien möglich, wenn sie für alle Ministerien der Regierung und auch das Parlament gelten würden. "Lassen Sie uns über Regelverschärfungen reden, dann allerdings für alle", sagte Habeck. Der Minister sagte, dass er seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Besetzung des Expertenbeirats explizit um Vorschläge aus dem studentischen Milieu gebeten habe.
Sebastian Böhmer zeichne sich dadurch aus, dass er noch in seiner Studentenzeit einen Wagniskapitalfonds gegründet habe. "Diese Expertise haben wir an keiner anderen Stelle gefunden", sagte Habeck. Dass sein Staatssekretär Philipp finanziell an First Momentum Ventures beteiligt sei, habe er nicht gewusst, sagte Habeck. "Es ist aber auch irrelevant." Der Beirat arbeite rein ehrenamtlich, die Mitglieder erhalten also keine Aufwandsentschädigungen. Der Beirat sei zudem nicht in einer Position, politische Entscheidungen zu treffen, die Gewinne beeinflussten.