Fachgespräch zu Zukunft der Energieversorgung : Was wird aus der Raffinerie Schwedt?
Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie erörterte in einem Fachgespräch Chancen einer Transformation in eine grüne Zukunft.
Deutschland geht im Ölembargo gegen Russland über den Beschluss der EU-Staaten hinaus und verzichtet seit dem 1. Januar 2023 nicht nur auf Tanker-Öl, sondern auch auf das russische Pipeline-Öl. Das trifft vor allem die ostdeutsche PCK Raffinerie Schwedt. Am Mittwoch vergangener Woche erörterte der Ausschuss für Klimaschutz und Energie in einem öffentlichen Fachgespräch die aktuelle Versorgungssicherheit und den Transformationsprozess am Standort Schwedt.
Weniger und anderes Öl
Johannes Bremer, Geschäftsführer der Rosneft Deutschland GmbH, die seit September unter treuhänderischer Verwaltung des Bundes steht, machte deutlich, dass der Beschluss der Bundesregierung, aktuell erhebliche Auswirkungen für die Versorgungssicherheit der PCK habe, zumal das inzwischen ausschließlich über den Hafen Rostock ankommende Öl von der Menge her erheblich weniger sei - und auch andere Qualitätsmerkmale habe als das russische. Das habe zum Beispiel zur Folge habe, dass die für den Straßenbau benötigte Bitumen-Produktion nicht mehr möglich sei.
Karina Dörk, Landrätin des Landkreises Uckermark, hätte sich von der Bundesregierung mehr Zeit gewünscht. Der Betrieb habe sich zuvor ja längst schon auf den Transformationspfad begeben. Stattdessen werde jetzt auf russisches Öl verzichtet. Im Ergebnis liege die Auslastung der Raffinerie bei unter 60 Prozent. Arbeitnehmer und Bürger der Region seien besorgt.
Die Sorgen könne er den Menschen, Stand heute, nicht nehmen, sagte Rolf Erler, Bezirksleiter Berlin-Brandenburg der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Auf Dauer brauche es verlässliche andere Quellen für Schwedt. Öl über den Danziger Hafen könne ein wichtiges zweites Standbein sein. Hierfür brauche es feste Verträge und verlässliche Mengen. Öl aus Kasachstan sehe er skeptisch, weil die Pipeline über russisches Terrain führe.
"Jahrhundertchance" für Schwedt
Anlass zu Optimismus sah Hanno Kempermann Geschäftsführer der IW Consult GmbH. Schwedt könne eine "Jahrhundertchance" haben, sagte er. Die Uckermark habe große Potenziale, sie profitiere von der Nähe zu Berlin, habe große Industrieflächen und viel Platz zum Ausbau von Windkraft und Photovoltaik für die angedachte Transformation in einen Standort zur Wasserstoffproduktion.
Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Fuels und Energie sagte, die entscheidende Frage sei aus seiner Sicht nicht, ob man noch 10 oder 20 Prozent mehr Auslastung erreiche, sondern: "Wie kriegen wir die Transformation hin?" Die Transformation erfordere Milliardeninvestitionen im In- und Ausland - um Investoren anzuziehen, brauche es aber verlässliche Rahmenbedingungen.
Die Frage, wie die Umstellung auf ein klimaneutrales Produktportfolio aussehen könnte, stand auch für Mario Ragwitz, Leiter der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG, im Vordergrund. Durch eine infrastrukturell günstige Positionierung in der Nähe zahlreicher Pipelines, Stromleitungen und Ölterminals könnten für die Erzeugung von synthetischen Produkten in der Raffinerie Schwedt künftig Rohstoffe gut importiert werden.
Claus Sauter, CEO und Unternehmensgründer der VERBIO Vereinigte BioEnergie AG und nannte die PCK einen "großartigen Standort". So großartig, dass er der Bundesregierung einen Vorschlag für die künftige Nutzung des Geländes und die Transformation des Unternehmens vorgelegt habe. Der Biokraftstoff-Hersteller Verbio aus Leipzig ist bereits seit 2004 auf dem Gelände von PCK.