Ernährungsstrategie : Özdemir wirbt für "gutes Essen für Deutschland"
Der Bundestag debattiert über den Fahrplan der Bundesregierung hin zu einer gesünderen und nachhaltigeren Ernährung. Doch dieser schmeckt nicht jedem.
Gutes Essen für Deutschland, so lautet der Name der neuen Ernährungsstrategie der Bundesregierung. Damit soll die Ernährung hierzulande gesünder, weniger fleischlastig und nachhaltiger werden. Der Gemeinschaftsverpflegung in Kantinen, Krankenhäusern und Mensen soll eine Schlüsselrolle zukommen. Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium erarbeitete Strategie bündelt rund 90 Maßnahmen, die "gutes Essen für alle Menschen in Deutschland leichter" machen soll. Der Zielhorizont geht bis zum Jahr 2050.
In der Gemeinschaftsverpflegung wie an Schulen soll es mehr saisonal-regional und ökologisch-klimafreundlich erzeugte Lebensmittel geben.
Festgeschrieben sind "strategische Ziele". Neben einer Verbesserung der Gemeinschaftsverpflegung soll die Lebensmittelverschwendung reduziert sowie die Produktion von pflanzlichen und ökologischen Lebensmitteln gesteigert werden. Mit der Umstellung der Kantinenkost werde zudem "eine Stärkung der ökologischen Landwirtschaft" angestrebt. Deren Anteil am gesamten Agrarbereich soll von aktuell 11 Prozent auf 30 Prozent im Jahr 2030 steigen. Auch der Aspekt Ernährungsarmut soll berücksichtigt werden. Ein weiteres Ziel ist, an Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt einzuschränken. Ein von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) geplantes Gesetz dazu lässt jedoch auf sich warten, dem Koalitionspartner von der FDP gehen solche Maßnahmen zu weit. Obwohl im Koalitionsvertrag vereinbart, war die Ernährungsstrategie lange umstritten. Eckpunkte dazu hatte das Kabinett bereits im Dezember 2022 verabschiedet.
Ampelkoalition ist sich uneins über die Ernährungsstrategie
Der Bundestag beriet am Donnerstag in erstmalig über die Ernährungsstrategie, dabei wurde noch einmal deutlich, dass nicht nur die Opposition die Pläne ablehnt, sondern auch von Seiten der FDP-Fraktion erhebliche Kritik kommt.
Minister Özdemir warb für die Ernährungsstrategie. Unabhängig von Herkunft, Wohnort und Geldbeutel der Eltern "sollten es möglichst alle leicht haben, gut und gesund zu essen, wenn sie es denn wollen", sagte Özdemir. Der Minister wandte sich zugleich gegen einen "Kulturkampf ums Essen", der niemandem helfe.
Rita Hagl-Kehl (SPD) unterstrich die Notwendigkeit, in Kitas und in Schulen mehr gesundes Essen anzubieten. "70 bis 80 Prozent der Krankheiten in Deutschland sind ernährungsbedingt", sagte sie. 15 Prozent der Schüler seien übergewichtig, deshalb müsse der Staat mit "für eine gute Ernährung sorgen". Sie begrüßte das Werbeverbot für bestimmte Lebensmittel und Programme gegen Lebensmittelverschwendung.
Ziele der Ernährungsstrategie der Bundesregierung
🥕 In der Gemeinschaftsverpflegung, etwa in Kitas, Mensen und Kantinen, sollen gesündere und nachhaltigere Mahlzeiten angeboten werden.
🍅 Eine pflanzenbetonte Ernährung mit einem hohen Anteil an unverarbeitetem saisonal-regionalem Gemüse und Obst sowie ballaststoffreichen Getreideprodukten sollen einfacher zugänglich gemacht werden.
🗑️ Lebensmittelverschwendung soll reduziert werden. Ziel ist es, über die gesamte Kette Lebensmittelabfälle bis 2030 zu halbieren.
Dafür bekam Hagl-Kehl Unterstützung von Julia Verlinden (Grüne). Die Lebensmittelverschwendung sei eine "Ressourcenverschwendung, die wir uns nicht mehr leisten können", sagte Verlinden. Die Strategie weise Wege aus, wie es gelingen könne, weniger Lebensmittel wegzuwerfen. Gleichzeitig müsse die regionale Verpflegung ausgebaut werden, damit die Umstellung der Kantinen auf mehr ökologisch erzeugte Lebensmittel aus der Region gelingen könne. Außerdem begrüßte Verlinden das Vorhaben, "an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung zu verbieten".
Gegen pauschales Werbeverbot: FDP wirbt für mehr Eigenverantwortung
Gero Hocker (FDP) warnte hingegen vor zu großen Erwartungen an die Ernährungsstrategie. "Politik kann Verantwortung für gesunde und angemessene Ernährung nicht übernehmen", sagte Hocker und plädierte für mehr "Eigenverantwortung". Ein pauschales Werbeverbot sei mit der FDP nicht zu machen. Ähnliche Argumente kamen von Seiten der CDU/CSU-Fraktion. Auch Albert Stegemann (CDU) erinnerte an "die Mündigkeit" der Verbraucher in Ernährungsfragen. Die Ernährungsstrategie lese sich für ihn wie eine Anleitung zum Ausstieg aus der heimischen Fleischproduktion. Der Bericht mache deutlich, welche Ziele die Grünen verfolgten, nämlich die deutliche Verteuerung von Fleischprodukten.
Für Christina Stumpp (CDU) regiert die Ampel mit dem Vorhaben gegen die Mehrheit der Bürger. Lediglich drei Prozent der Bevölkerung ernährten sich vegan, zehn Prozent seien Vegetarier, "aber 84 Prozent essen Fleisch", sagte Stumpp. Die Pläne der Regierung stünden damit "gegen die Essgewohnheiten in diesem Land". Für Peter Felser (AfD) ist die Strategie "auf Verbote und Lenkung ausgerichtet". Zum einen solle dem Bürger vorgeschrieben werden, was er essen soll, zum anderen würden Werbeverbote dazu führen, dass ein großer Teil der Lebensmittel nicht mehr beworben werden dürfte. "Das lehnen wir ab", sagte Felser.
Auch aus Sicht Ina Latendorfs (Linke) geht die Strategie in die falsche Richtung. "Für eine gesunde Mahlzeit für alle reicht es nicht", kritisierte sie. Stattdessen werde 2050 als Ziel für die Vorhaben ausgeschrieben, in der Zwischenzeit sollten Beratungen stattfinden. "Das ist abgehobene Politik", sagte Latendorf.