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Gastkommentare : Pro und Contra: Unternehmenssteuern senken?

Das Wachstumschancengesetz der Bundesregierungg soll die Wirtschaft entlasten. Anja Krüger und Jan Hildebrand zur Senkung der Unternehmenssteuern.

23.09.2023
True 2024-03-05T09:18:11.3600Z
2 Min

Pro

Überfällige Reform

Foto: HB
Jan Hildebrand
arbeitet beim "Handelsblatt" in Düsseldorf
Foto: HB

Der Name klingt verheißungsvoll: Wachstumschancengesetz. Über den Inhalt hatte die Ampelkoalition lange gestritten, bis die Bundesregierung den Gesetzentwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) kürzlich beschließen konnte. Um sieben Milliarden Euro sollen Unternehmen damit entlastet werden, etwa mit einer Investitionsprämie und einer großzügigeren Verlustverrechnung.

Für die Koalition mag die Einigung auf das Gesetz ein großer Schritt sein. Für das Land, das unter einer ernsten Wachstumsschwäche leidet, ist es zu wenig. Natürlich sind steuerliche Investitionsanreize hilfreich. Doch sie ändern am grundlegenden Problem nichts: Deutschland hat im internationalen Vergleich sehr hohe Unternehmenssteuern.

Hierzulande liegt die steuerliche Belastung von Kapitalgesellschaften bei knapp 30 Prozent. Damit befindet sich das Land an der Spitze der großen Industriestaaten, zumal andere Länder wie Frankreich ihre Steuern zuletzt gesenkt haben. In Deutschland ist hingegen seit zwei Jahrzehnten so gut wie nichts passiert. Eine echte Reform der Unternehmenssteuern ist überfällig.

Gegen eine Entlastung der Unternehmen werden häufig die Steuerausfälle für den Fiskus angeführt. Doch das überzeugt nicht angesichts von Rekordeinnahmen des Staates und einer stetig gestiegenen Steuerquote. Und wer will, kann eine Reform zumindest teilweise gegenfinanzieren, etwa bei den überzogenen Steuervorteilen für Firmenerben.

Wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern sind eine Grundlage für Wirtschaftswachstum und damit auch für künftige Staatseinnahmen. Sollen Unternehmen in Klimaneutralität und neue Arbeitsplätze investieren, brauchen sie auch die finanziellen Möglichkeiten dazu.

Contra

Fiasko für die Städte

Foto: Pascal Beucker
Anja Krüger
arbeitet bei "die tageszeitung" in Berlin
Foto: Pascal Beucker

Die Bundesregierung will Unternehmen in Milliardenhöhe entlasten, um die Wirtschaft anzukurbeln und Anreize für Investitionen in den klimagerechten Umbau zu schaffen. Doch mit den geplanten ziellosen Steuergeschenken wird das nicht funktionieren. Die Gefahr ist groß, dass Unternehmen die Entlastungen mitnehmen und nur Investitionen tätigen, die ohnehin angestanden hätten. Einfach nur höhere Gewinne zu finanzieren, wäre falsch. Können Steuerausfälle nicht durch Kreditaufnahmen ausgeglichen werden, müssen die öffentlichen Haushalte ihre Ausgaben kürzen. Das belastet besonders Menschen mit wenig Einkommen, denn gerade sie sind auf öffentliche Leistungen angewiesen - und es kann die Wirtschaft abwürgen und aus der derzeitigen konjunkturellen Flaute eine Krise machen. Ökonomen warnen, dass Ausgabenkürzungen die Wirtschaft stärker dämpfen als Steuerentlastungen sie anschieben.

Setzt die Regierung ihre Entlastungspläne um, wird das für die öffentlichen Haushalte und vor allem die Kommunen ein großes Problem. Städte und Gemeinden - die größten öffentlichen Investoren - würden in den kommenden Jahren Steuereinnahmen in Milliardenhöhe verlieren, wenn das Wachstumschancengesetz wie vorgesehen umgesetzt wird. Viele können schon heute kaum ihre Aufgaben bewältigen, weitere Einnahmeausfälle wären ein Fiasko für sie und ihre Bürger.

Der Staat sollte den klimagerechten Umbau der Wirtschaft unterstützen, durch Zuschüsse und Steuererleichterungen. Aber das sollte zielgerichtet erfolgen und an Bedingungen geknüpft sein wie etwa Tarifbindung und Standortgarantien. Mitnahmeeffekte müssen verhindert werden.