Kritik am digitalen Euro : Union und AfD fürchten Schwächung des Bargelds
Union und AfD sehen die mögliche Einführung eines digitalen Euro kritisch. Die Union will eine Bundestagsentscheidung, die AfD gar eine Volksabstimmung.
Eigentlich ist Alois Rainer nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen. Als Vorsitzender des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags gehört es zu seiner Aufgabenbeschreibung, auch in hitzigen Debatten Ruhe auszustrahlen und für Ordnung zu sorgen. Doch bei der Debatte über die mögliche Einführung eines digitalen Euro im Plenum des Bundestags schwang in seiner Rede etwas mehr die markige Art eines Franz-Josef Strauß mit. In bayerischem Tonfall antwortete der CSU-Mann auf seine Vorrednerin, die fraktionslose Abgeordnete und ehemalige AfD-Funktionärin Joana Cotar: "So ein Schmarrn, den Sie gerade in Ihrer Minute von sich gegeben haben, das muss man zuerst einmal schaffen. Da bleibt Dir echt die Spucke weg. Das sind Verschwörungstheorien, die jeglicher Grundlage entbehren. Man sollte den Legislativvorschlag der EU-Kommission vielleicht mal lesen."
EZB beginnt mit Vorbereitungen für die mögliche Ausgabe eines digitalen Euro
Dabei ging es Rainer keineswegs darum, das Thema kleinzureden. Eine digitale Variante des Euro, ausgegeben von der Europäischen Zentralbank (EZB), wäre der "weitreichendste Eingriff in unser Währungssystem seit Einführung des Euro vor über 20 Jahren", stellte er fest.
Ein Euro auf einer Platine dient als Symbol für den digitalen Euro, die digitale Währung in der Europäischen Union.
Gerade erst hat die EZB beschlossen, in Sachen digitales Geld in eine neue Phase einzusteigen. Die Notenbank des Euroraums beginnt diesen Monat damit, die Grundlagen für die mögliche Ausgabe eines digitalen Euro zu schaffen. Ob es am Ende wirklich dazu kommt, muss jedoch die Politik entscheiden.
Dass "Politik" hierbei nicht nur die europäische Ebene meint, sondern auch die nationalen Parlamente, ist das Anliegen der CDU/CSU-Fraktion. Ohne Zustimmung des Bundestags kein digitaler Euro, lautet ihre Forderung. Das machte auch Rainer deutlich: "Ohne Legitimation auf nationaler parlamentarischer Ebene kann von einem ordentlichen parlamentarischen Verfahren kaum die Rede sein." Eine einfache Stellungnahme des Bundestags sei zu wenig. "Dass diese Debatte in den Deutschen Bundestag gehört, in die Mitte der Bevölkerung, das sehen wir an den Aussagen, die wir gerade von einer Rednerin und noch einem Redner gehört haben", argumentierte Rainer mit Blick auf die Rede Cotars und des AfD-Abgeordneten Jörg König.
Union: Bundestag muss digitalem Euro zustimmen
Folglich fordert die Unionsfraktion die Bundesregierung in einem Antrag auf, "sich im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung dazu zu bekennen, der Einführung eines digitalen Euro im Rat der Europäischen Union nur dann zuzustimmen, wenn sich der Deutsche Bundestag zuvor für dessen Einführung ausgesprochen hat". Auf EU-Ebene solle sich die Bundesregierung für eine Zustimmungspflicht der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten einsetzen. Eine Schwächung des Bargelds lehnt die CDU/CSU-Fraktion ab. Die Bundesregierung solle "dafür Sorge tragen, dass der Status des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel unangetastet bleibt".
Einen noch weitergehenden Antrag hat die AfD-Fraktion formuliert. Sie verlangt eine Volksabstimmung über einen digitalen Euro. Ferner solle die Bundesregierung sicherstellen, "dass die EZB und die nationalen Zentralbanken (NZBs) des Eurosystems keine digitalen Zentralbankwährungen ausgeben dürfen". Die AfD-Fraktion fordert eine Erweiterung des Grundgesetzes um ein Recht "zur uneingeschränkten Nutzung von Bargeld". Nicht nur eine digitale Version des Euro will die AfD-Fraktion verhindern, sondern auch das Bargeld reformieren. Das machte der AfD-Abgeordnete Jörg König deutlich, der sich für eine Kopplung des Euro an reale Werte aussprach. Historisch war Geld immer wieder an Gold oder Silber gebunden.
SPD: Der EU-Kommission beim Thema Bargeld nichts Falsches unterstellen
Dass es jedoch mit einem digitalen Euro dem Bargeld keineswegs an den Kragen gehen solle, betonten Redner aller Fraktionen außer der AfD. Sie verwiesen auf den Legislativvorschlag der EU-Kommission. "Bei beiden Anträgen schwingt die Sorge um den Umgang mit dem Bargeld mit", sagte Jens Zimmermann für die SPD-Fraktion und erklärte: "Gerade hier geht die Kritik gegenüber dem Gesetzgebungspaket vollkommen ins Leere." Die EU-Kommission habe erstmals eine Annahmeverpflichtung für Bargeld in ihren Vorschlag geschrieben. "Es ist wichtig, der Kommission nichts Falsches zu unterstellen", mahnte er.
Die Notwendigkeit eines digitalen Euro betonte Sabine Grützmacher (Bündnis 90/Die Grünen). Auch andere Zentralbanken arbeiteten an digitalen Währungen. "Es geht um nichts weniger als um die finanzielle Souveränität Europas", sagte sie. Mit dem digitalen Euro würden Sicherheit und Anonymität beim Bezahlen gestärkt.
Was ist der digitale Euro?
Wer gibt den digitalen Euro aus? Der digitale Euro soll eine digitale Form von Bargeld sein und von der Europäischen Zentralbank ausgegeben werden.
Wie kann man damit zahlen? Er soll für alle Menschen im Euroraum kostenlos verfügbar sein und in allen Ladengeschäften und bei allen Händlern im Euroraum genutzt werden können, sofern sie digitale Zahlungen akzeptieren.
Wann soll er kommen? Die Vorbereitungsphase soll im November 2023 beginnen. Es muss beispielsweise das Regelwerk abgeschlossen werden. Auch müssen Anbieter identifiziert werden, die gegebenenfalls eine Plattform und die Infrastruktur für einen digitalen Euro entwickeln können.
Dass die derzeitige Konzeption des digitalen Euro nicht zu einem Überwachungsstaat führen würde, ist auch die Überzeugung des Abgeordneten Christian Görke (Die Linke). "Die EZB kann und wird nicht wissen, was Frau Weidel im Internet bestellt", frotzelte er in Richtung der AfD-Fraktionsvorsitzenden. Görke machte deutlich, dass eine digitale Version des Euro eine Alternative zu Zahlungssystemen großer Tech-Konzerne wie Apple oder Amazon werden könne. Damit würden Verbraucher vor den "Datenkraken" geschützt. Auch er sprach sich dafür aus, dass der Bundestag als nationales Parlament darüber mitzuentscheiden habe.
FDP sieht keine Rechtsgrundlage für Parlamentsvorbehalt
Dem widersprach der FDP-Abgeordnete Volker Redder. Für einen Parlamentsvorbehalt fehle die rechtliche Grundlage. Diese könne nur geschaffen werden, wenn die europäischen Verträge geändert würden. "Lassen Sie uns sachlich bleiben und nicht in das Reich der Verschwörungstheorien abgleiten", forderte er, übte aber auch Kritik am Vorschlag der EU-Kommission, der "weitreichende Annahmepflichten" vorsehe. "Das halten wir tatsächlich für übertrieben und setzen uns hier für analoge Regeln zum Bargeld in Deutschland ein, Stichwort "AGB-Ausschluss".