Künstliche Intelligenz : Union will Deutschland an die Weltspitze bringen
Die Unionsfraktion fordert mehr Einsatz, um Künstliche Intelligenz in Deutschland voranzubringen. Die Koalition hingegen sieht sich bereits auf einem guten Weg.
KI wird als Schlüsseltechnologie der Zukunft angesehen.
Mit generativer Künstlicher Intelligenz (KI) könnte eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in Deutschland zukünftig rund 100 Stunden im Jahr sparen. Denn KI könnte eigenständig Dokumente verfassen oder Daten analysieren. Das hat kürzlich eine Studie des Forschungsinstituts IW Consult im Auftrag von Google herausgefunden. Angestellte könnten die frei werdende Zeit für produktivere Tätigkeiten nutzen. Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels werde KI daher entscheidend sein, um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Deutschland zu sichern.
Mit der 2018 verabschiedeten KI-Strategie schlug die damalige Bundesregierung den Weg ein, Künstliche Intelligenz "Made in Germany" an der Weltspitze zu etablieren. Dafür hatte sie bis zum Jahr 2025 insgesamt fünf Milliarden Euro bereitgestellt.
Auch hatte der Bundestag in der vergangenen 19. Wahlperiode (2017-2021) eine Enquete-Kommission "Künstliche Intelligenz - Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökonomische Potenziale" einberufen, die den zukünftigen Einfluss der Künstlichen Intelligenz untersuchen sollte. Am Ende kam die Kommission unter anderem zu dem Ergebnis, dass die KI-Forschung mit mehr Ressourcen ausgestattet und der Transfer von Forschung in die Anwendung verbessert werden müsse.
Seit der Veröffentlichung des Abschlussberichts der Enquete-Kommission im Jahr 2020 und dem Beschluss der deutschen KI-Strategie 2018 hat sich viel verändert; KI-Anwendungen haben sich rasant entwickelt. Spätestens seit der Chatbot ChatGPT im November 2022 für die breite Öffentlichkeit zugänglich wurde, ist KI in aller Munde und hat bereits in vielen Unternehmen administrative Routinetätigkeiten übernommen.
Stichwort
Generative KI Das ist eine Technologie der Künstlichen Intelligenz, die selbst Inhalte wie Bilder oder Texte erzeugen kann. Dafür nutzt die Technologie gesammelte Informationen aus dem Internet. ChatGPT von OpenAI ist beispielsweise eine generative KI, die vielfältige Texte erstellen kann und als Chatbot fungiert. Google hat inzwischen mit Bard eine ähnliche Plattform der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Open Source KI Dabei handelt es sich um Technologien der Künstlichen Intelligenz, deren Quellcode der Öffentlichkeit frei zugänglich ist. Andere Entwickler können so auf den Code zugreifen, selbst nutzen, anpassen oder verbessern.
Bundesregierung plant »Update« für KI-Strategie
An die neuen Entwicklungen und Bedarfe wurde auch die KI-Strategie der Bundesregierung angepasst, zuletzt im Dezember 2020. Jetzt soll diese Strategie ein "Update" bekommen: den KI-Aktionsplan. Mit diesem will die Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz in Deutschland einen "neuen Schub" geben, so sagte sie es bei der Vorstellung des Aktionsplans am 23. August. Bisher ist nur eine Zusammenfassung der wichtigsten Eckpunkte des Aktionsplans öffentlich. Fest steht bereits, dass allein das Forschungsministerium in dieser Legislatur rund 1,6 Milliarden Euro in KI investieren will. Ziel sei es, dass Deutschland eine Spitzenposition in der Welt im Bereich KI einnehme.
Doch die Bestrebungen der Bundesregierung gehen der CDU/CSU-Fraktion nicht weit genug. Der angekündigte Aktionsplan zeige zwar viele Handlungsfelder auf, doch die Finanzierung bleibe unklar. Das schreibt die Fraktion in einem Antrag (20/8414) mit dem Titel "Künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologie für Deutschlands Zukunft stärken". In dem Antrag fordert die Union die Bundesregierung auf, einen Strategieprozess für die Förderung von Open-Source-KI aufzusetzen. Ferner müsse die Regierung, durch den Ausbau und die Erweiterung der vorhandenen Supercomputing-Infrastruktur in Deutschland die Voraussetzungen dafür schaffen, "geeignete Rechenkapazitäten bereitzustellen für die Erstellung großer KI-Modelle".
Beim Thema KI müsse eindeutig mehr gemacht werden, betonte Thomas Jarzombek (CDU) am Donnerstag im Plenum, als der Bundestag erstmals über den Antrag beriet. Der Staat müsse "Ankerkunde" sein, junge Technologien mit Aufträgen versehen und nicht nur bei den "amerikanischen Giganten" einkaufen. Die Bundesregierung dürfe keine weiteren Mittel für neue Technologien wie KI kürzen. Maximilian Funke-Kaiser (FDP) erwiderte, dass die Forschungsministerin 1,6 Milliarden Euro allein in KI investiere. Das sei mehr als jede Vorgängerregierung zuvor. Die Bundesregierung sorge so dafür, dass Deutschland als "voll industrialisiertes Hochtechnologieland" die Entwicklung von KI mitgestalten könne. Funke-Kaiser kritisierte, dass der Antrag der Union nicht einmal in einem Nebensatz digitale Bürgerrechte anspreche. Da sei die Bundesregierung bereits weiter, schließlich arbeite sie auf europäischer Ebene an einer KI-Verordnung mit.
Linke warnt vor Risiken
Dass der Unionsantrag eine sinnvolle Balance zwischen tatsächlichen Chancen und Risiken der Technologie vernachlässige, betonte auch Petra Sitte (Die Linke). So könne KI erhebliche Probleme für die Gesellschaft, Menschen und die Natur hervorbringen. In der kommenden europäischen KI-Verordnung würden Unternehmen weiterhin Ausnahmeregeln erhalten, während Schulen und Behörden streng in die Pflicht genommen würden. Das dürfe die Bundesregierung nicht hinnehmen.
Auch Holger Becker (SPD) äußerte sich zur europäischen KI-Verordnung, die den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der EU normieren soll. Geplant sei, dass die Regelungen noch Ende des Jahres verabschiedet werden. Die Forderung der Union, Deutschland müsse zusammen mit Europa seine Souveränität im Bereich KI stärken und einen starken europäischen Rechtsrahmen entwickeln, setze die Bundesregierung bereits um.
Dass man schon weiter sei als die Unionsfraktion, betonte auch Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grüne). Zudem würden in dem Antrag viele wichtige Aspekte hinsichtlich KI fehlen. Beispielsweise dürften Arbeitsplätze nicht durch den Einsatz von KI verschwinden, sondern lediglich verbessert werden.
Der Antrag der Unionsfraktion habe noch "Luft nach oben", sagte auch Barbara Benkstein (AfD). In Deutschland brauche es mehr digitale Souveränität, um von den großen Techkonzernen weniger abhängiger zu sein.
Im Anschluss an die rund 40-minütige Aussprache wurde der Antrag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Die Federführung liegt beim Ausschuss für Bildung und Forschung.