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Regelung gilt zunächst für Schweinefleisch : Tierhaltung soll transparenter werden

Beim Fleischkauf im Supermarkt informiert künftig ein staatliches Label über die Form der Tierhaltung. Minister Özdemir spricht von "Gesamtkunstwerk".

19.06.2023
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3 Min

Das ist ein Gesamtkunstwerk, das hat uns keiner zugetraut", sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) selbstbewusst bei der Verabschiedung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes und der baulichen Anpassung der Tierhaltungsanlagen. Zwanzig Jahre lang haben die Amtsvorgänger Özdemirs und er selber "von allen Seiten Gegenwind" für die verpflichtende Kennzeichnung von Frischfleisch erfahren. Nicht das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) alleine habe den Weg zu dem Gesetz geebnet, vielmehr seien Ministerien, die Bundestagsfraktionen und die Länder daran beteiligt gewesen, beschreibt Özdemir die Genese dieser Gesetze.


„Das ist ein Gesamtkunstwerk, das hat uns keiner zugetraut.“
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen)

Am vergangenen Freitag stimmte der Bundestag mit der Regierungsmehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Ablehnung durch CDU/CSU, AfD und Die Linke für die in den Ausschüssen noch geänderten Vorlagen.

Noch in diesem Jahr sollen Verbraucher an der Kühltheke im Supermarkt auf einen Blick erkennen, woher frisches Schweinefleisch stammt. Geplant ist ein System mit fünf Kategorien, wenn Ferkel nach der Aufzucht in die Mast kommen. Es beginnt bei der Haltungsform "Stall" mit den gesetzlichen Mindestanforderungen. Die Stufe "Stall+Platz" gibt unter anderem 12,5 Prozent mehr Platz vor, die Stufe "Frischluftstall" Kontakt zu Außenklima etwa mit offenen Stallseiten. Hinzu kommen die Stufen "Auslauf/Weide" und "Bio".

Ausweitung auf Wurst und Gastronomie

Minister Özdemir will zügig weitermachen. Noch in diesem Jahr soll eine Ausweitung auf verarbeitete Ware wie Wurst und die Gastronomie folgen. Danach sollen in dieser Wahlperiode bis 2025 auch andere Tierarten wie Rinder, und Geflügel folgen.

Das Logo soll durch die Möglichkeit zum gezielten Kauf den Wandel zu höheren Haltungsformen unterstützen. Auf Kosten und Aufwand dafür sollen die Bauern aber nicht allein sitzen bleiben. Die Bundesregierung stellt für die Startfinanzierung bis 2026 zunächst eine Milliarde Euro zur Verfügung. Eine ganz grundsätzliche verlässliche Finanzlösung auch für andere Tierarten werde weiter gesucht. Im Gespräch ist eine "Tierwohlabgabe" auf tierische Produkte. Etwa ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch.

Um für Landwirte Anreize zum Umbau der Ställe zu schaffen, senkt das Gesetz zur baulichen Anpassung der Tierhaltungsanlagen die Anforderungen für die Baugenehmigungen. Tierhalter müssen ihre Bestände nicht verringern, wenn sie in höhere Haltungsformen "Frischluftstall"" Auslauf/Weide" oder "Bio" wechseln. Der neue Stall darf mehr Fläche beanspruchen, solange die Tierzahl gleich bleibt.

Union warnt vor Abwanderung ins Ausland

 "Das ist der Anfang des Umbaus der Tierhaltung", sagt Renate Künast (Grüne), mit dem Vorhaben werde ein neues Instrument für Verbraucher und für Landwirte geschaffen. Als nächsten Schritt werde es eine Ausweitung auf weitere Tierarten, den Handel, die Gastronomie und auf die Außer-Haus-Verpflegung geben. Die Union sei nervös, die Minister von CSU und CDU hätten jahrelang auf Zeit gespielt und damit weder den Landwirten noch den Verbrauchern einen Gefallen getan.

Albert Stegemann (CDU) kritisierte das Vorhaben scharf. Die Tierhalter werden ins Ausland abwandern. Weder den Verbrauchern noch den Landwirten nutze dieses Gesetz. Anders als von der Borchert-Kommission vorgesehen, stünden den Tieren nun nicht 20 Prozent mehr Platz zur Verfügung, sondern nur 12,5 Prozent. "Der Ball lag auf dem Elfmeter-Punkt und der Torwart stand nicht im Tor. Und trotzdem haben sie danebengeschossen", sagte er in Richtung von Minister Özdemir. Auch für Stephan Protschka (AfD) "funktionieren beide Gesetze nicht". Weder werde es mehr Transparenz für die Konsumenten geben, noch würden Landwirte Vorteile davon haben, im Gegenteil. "Die Zahl der Betriebe der Tierhalter wird weiter zurückgehen", sagte Protschka.


„Ein staatliches Label genießt bei den Konsumenten hohes Vertrauen und wird großen Einfluss auf die Kaufentscheidung und damit auf die Zukunft der tierhaltenden Betriebe in Deutschland haben.“
Susanne Mittag (SPD)

Für Ina Latendorf (Die Linke) ist das Gesetz nicht zustimmungswürdig. "Das Vorhaben ist kein großer Wurf, sondern ein kleiner Hüpfer", befand sie. Außer frisches Schweinefleisch würde nichts gelabelt. Die Tiere bekämen weniger Platz und die Haltungsform in der "Bio"-Stufe lasse es zu, dass Tiere auf Betonböden stehend gehalten werden. "Da stimmt doch was nicht!".

Dem widersprach Ingo Bodtke (FDP) vehement. Das Gesetz stelle für die Verbraucher eine große Erleichterung dar. Jeder könne nun erkennen, aus welcher Haltungsform das Fleisch stamme. Innerhalb von 18 Monaten sei es gelungen sich auf ein "Gesamtpaket" zu einigen, dazu habe die Vorgängerregierung 16 Jahre Zeit gehabt - ohne eine vergleichbare Initiative in Gang zu setzen. Susanne Mittag (SPD) stimmte dem Liberalen zu. "Ein staatliches Label genießt bei den Konsumenten hohes Vertrauen und wird großen Einfluss auf die Kaufentscheidung und damit auf die Zukunft der tierhaltenden Betriebe in Deutschland haben", sagte Mittag