berateraffäre : Das große Ganze im Blick
Ehemaliger Abteilungsleiter schildert Arbeitsweise in der Verwaltung
Wahrscheinlich hat das Verteidigungsministerium noch nie einen so schillernden Abteilungsleiter wie Klaus-Hardy Mühleck erlebt. Schnöder Verwaltungskram wie das Abzeichnen von Vorlagen sei in keiner Weise sein Ding, machte er gleich klar, als die Job-Anfrage ihn ereilte, Chef der Cyber- und Informationstechnik (CIT) zu werden. Und über die B-9-Besoldung kann er nur schmunzeln. Oberster IT-Manager war er bei VW und Daimler, zuletzt bei Thyssen. 35 Jahre Industrieerfahrung könne er vorweisen. Er gelte hinter SAP-Gründer Hasso Plattner als zweitbedeutendster deutscher IT-Mann. Das Land habe ihm sein Studium ermöglicht, da habe er seinem Land etwas zurückgeben wollen und für maximal zwei Jahre zugesagt.
Während die IT-Architektur seine Sache war, er aber lieber auf internationalem Parkett unterwegs war, Kontaktpflege und das Ausloten von gemeinsamen Projekten innerhalb der Nato, aber auch etwa mit Israel oder Japan betrieb, da lief in seiner Abteilung auf der schnöden Verwaltungs- ebene etwas gründlich schief. Externe Berater unterstützten den Aufbau einer gemeinsamen Digital-Plattform für die Bundeswehr. Ihre Verträge waren laut Bundesrechnungshof aber rechtswidrig zustande gekommen. Wer dafür die Verantwortung trägt, soll der Untersuchungsausschuss klären. Wurden Firmen gezielt ausgeguckt?
Wie die Fliegen "Normalerweise sind die Berater Fliegen, die kommen von alleine", entgegnete Mühleck locker bei der Sitzung in der vergangenen Woche. Im Übrigen sei ein Unternehmen tätig gewesen, das er früher in seiner Industriezeit schon einmal herausgeschmissen habe. Freilich gab es außerhalb seiner Abteilung einen Mann, zu dem sei sein Verhältnis "sehr dienstlich" gewesen: Ulrich Meister, zeitweiliger Geschäftsführer der BWI GmbH, dem bundeseigenen IT-Dienstleiter für den zivilen Bereich der Bundeswehr.
Meister war Ende Juni 2018 freigestellt worden - unter anderem, weil er freihändig einen Vertrag an eine Tochter der Firma McKinsey vergeben habe. So jedenfalls schilderte es Mühleck, der am Rauswurf als Mitglied des Aufsichtsrats beteiligt war. Er habe den Eindruck gehabt, dass diese Freistellung bei der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht eben auf Wohlwollen gestoßen sei, sagte Mühleck. Meister war zu Amtszeiten der damaligen Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder an seinen Geschäftsführer-Job gekommen. Der enge Kontakt zwischen Suder und Meister habe ihm "nicht so gepasst", bekannte Mühleck. So habe Meister bei Besprechungen häufiger erklärt, er habe "das schon mit der Katrin abgestimmt". Wobei Mühleck der Ex-Staatssekretärin bescheinigte, eine "fachlich exzellente Frau" zu sein.
Keine Beförderung Immerhin war sie es gewesen, die ihn 2016 gefragt habe, ob er nicht die Leitung der Abteilung CIT im Ministerium übernehmen wolle. Er habe Suder vorher nicht gekannt. Wie er dann seinen Job ausfüllte, habe ihrer Vorstellung entsprochen. Die Verwaltungsarbeit nahm ihm sein Stellvertreter, General Michael Heinz Färber, ab.
Der war denn auch schon als sein Nachfolger ausgeguckt worden. Die Beförderung sei bereits vom Bundespräsidenten unterschrieben worden, berichtete Färber im Ausschuss. Doch dann habe ihn von der Leyen wissen lassen, dass aus dem Treppchen-höher zunächst nichts werde - zu seinem persönlichen Schutz. Denn die Beförderung, so die Begründung, wäre zusammengefallen mit den Turbulenzen um den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, der im November 2018 in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Just zu der Zeit kochte die sogenannte Berateraffäre hoch. Färber versicherte als Zeuge, von der Rechtmäßigkeit der Vergaben durch das Koblenzer Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) überzeugt gewesen zu sein. Nach seiner Ansicht hatte es zunächst in der Startphase auch keine andere Wahl gegeben, als externe Unterstützung zu nutzen.
Der Untersuchungsausschuss fragt sich, wie eng die externen Berater in die Struktur des Verteidigungsministeriums eingebunden waren. Von eigenen Büros mit Türschildern war die Rede. Einer von ihnen, Rüdiger Kloevekorn, bestätigte den Abgeordneten, dass ihm E-Mail-Adressen des Ministeriums zugewiesen waren. Sache des Ministeriums sei das gewesen. Offen blieb, ob Berater an Leistungsbeschreibungen beteiligt waren, die zu einem Auftrag an sie führten. Für sich verneinte Kloevekorn dies. Färber versicherte, Entscheidungen seien niemals durch Amtsfremde getroffen worden.
Derweil hatte Mühleck weiter das große Ganze im Blick. Über zwölf Monate habe er der Ministerin mehrere Briefe und Vorschläge zum IT-Ausbau zukommen lassen - ohne Reaktion. Sie sei auch die Antwort schuldig geblieben auf sein Angebot zu einem Treffen.