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Atommüll : Abfall-Rückholung bleibt ein Projekt für Jahrzehnte

Sachverständige uneins über Asse II-Bergung

27.04.2020
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3 Min

Die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Schachtanlage Asse II bei Wolfenbüttel in Niedersachsen ist eine Problematik, die die Gesellschaft noch viele Jahrzehnte begleiten wird. Darin waren sich alle Sachverständigen im öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vergangene Woche einig. Für die Asse bei Remlingen, in der in 13 Kammern rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen liegen, gibt es den gesetzlichen Auftrag einer unverzüglichen Stilllegung.

Der kürzlich vorgelegte Rückholplan der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) wurde von den Sachverständigen per Videokonferenz diskutiert. "Wir haben es mit einem ehemaligen Bergwerk zu tun, das sich zusammenneigt und einen ständigen Wasserzufluss hat", beschrieb die Vorsitzende Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) die Problemlage.

Für den Betreiber, die Bundesgesellschaft für Endlagerung, betonten die Sachverständigen Stefan Studt und Thomas Lautsch, dass der Bericht ein "geschlossenes Gesamtkonzept" darstelle. Oberstes Gebot sei die Sicherheit der Bevölkerung und der Beschäftigten, sagte Lautsch. Für die Rückholung der Abfälle seien nicht nur ein Rückholbergwerk, sondern auch der Bau einer Abfallbehandlungsanlage mit einem Zwischenlager notwendige Voraussetzungen. Der Bau des Rückholbergwerks solle nach aktueller Planung im Jahr 2023 starten. Zehn Jahre später solle mit der Bergung der Abfälle begonnen werden, berichtete Studt. Der Plan werde zudem stetig fortgeschrieben, sodass er der gebotenen Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit diene. "Derzeit werden Daten von Schallwellen, die man untertage gesandt hat, sortiert, prozessiert und ab 2021 interpretiert", berichtete Lautsch weiter. Diese Ergebnisse sollen in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 vorliegen.

Notfallkonzept fehlt Für die Zivilgesellschaft und die kommunale Vertretung kritisierte Christiane Jagau (Asse-2-Begleitgruppe) das derzeitige Vorgehen. "Ein marodierendes Bergwerk, das weder die Auflagen des Berg- noch des Atomrechts erfüllen kann, eine Atomanlage ohne Notfallkonzept, das ist weltweit einzigartig", sagte sie. Jagau stellte die Historie des Bergwerks dar und nannte die Inbetriebnahme rechtswidrig. "Salz wurde bis weit über Grenzen abgebaut, Stützpfeiler wurden zu schwach.". Nachdem 1964 der Betrieb eingestellt wurde, seien Wassereintritte festgestellt worden. Trotzdem sei die Asse wie ein Endlager nach Atomrecht behandelt worden. Weil Fässer im Salzwasser absaufen könnten, sei es "höchste Zeit, mit der Bergung aus verhältnismäßig leicht zugänglichen Kammern" zu beginnen, forderte sie.

Der Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz in Niedersachsen, Olaf Lies (SPD), bezeichnete den Rückholplan als stringent: "Das, was wir vorliegen haben, eröffnet die Chance, den Zeitplan nachzuvollziehen." Wichtig sei es, die wesentlichen Schritte bis zum Beginn der Rückholung der Abfälle und mögliche Verzögerungen nachvollziehbar zu machen. Lies verwies darauf, dass an einzelnen Stellen derzeit noch Details fehlten. Von prüffähigen Genehmigungsunterlagen und -verfahren sei man derzeit noch entfernt, sagte er. In der Konzentrationswirkung der "Lex Asse" stecke eine große Chance - es brauche aber die nötige Finanz- und Personalausstattung, sagte Lies.

Gemeinschaftsleistung "Die Asse hat starke Bilder des Scheiterns der Endlagerung erzeugt, die über die Region hinaus strahlten", sagte Wolfram König vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Dem müssten nun "starke Bilder des Gelingens" entgegengesetzt werden. Dafür müsse gemeinschaftlich daran gearbeitet werden, zügig Sicherheiten herzustellen und trotz offener Fragen im Forschungs-, Entwicklungs- und Genehmigungsbereich voranzukommen, sagte er. Der Plan führe Bausteine sinnvoll zusammen, die Rückholung in 13 Jahren sei jedoch ein "ehrgeiziges Ziel", sagte König. Nun brauche es einen belastbaren Zeitplan mit Meilensteinen.

Andreas Sikorski vom Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erklärte, das LBEG nehme die Rolle als Bergbehörde und als geologischer Dienst wahr. Die vergangenen Jahre habe man sich damit beschäftigt, wie das Bergwerk zu stabilisieren sei und wie Fässer ordnungsgemäß entsorgt werden können. Er begrüße den Plan der BGE, das Vorhaben sei aber "höchst ambitioniert" und stelle für Ingenieure eine große Herausforderung da, sagte Sikorski.