BUNDESTAG : Gendersternchen in der Drucksache
Geschlechtergerechte Sprache in Anträgen der Fraktionen
Der Bundestag erlaubt künftig den Gender-Stern, den Doppelpunkt und weitere geschlechtergerechte Formen in Anträgen, Entschließungsanträgen und Begründungen von Gesetzesentwürfen, meldete der Online-Newsletter "Checkpoint" des "Tagesspiegels" in der vergangenen Woche. Man habe mit der Verwaltung "die Verständigung erreicht", dass die Formulierungen nicht mehr "herauskorrigiert" werden, wurde die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Britta Haßelmann, zitiert.
So ganz neu ist dies allerdings nicht, bereits seit einiger Zeit werde auf besagte Korrekturen verzichtet, bestätigte eine Sprecherin des Bundestages auf Anfrage. Ein formeller Beschluss etwa im Präsidium oder im Ältestenrat des Bundestages sei darüber aber nicht gefasst worden. Ausgenommen von der Übereinkunft sind im Gegensatz zur Begründung eines Gesetzentwurfes der vorgeschlagene Gesetzestext selbst, Kleine Anfragen der Fraktionen an die Bundesregierung und deren Antworten sowie der Titel von Drucksachen und die Tagesordnung des Bundestages. Klingt alles ein wenig verwirrend, hat aber handfeste Hintergründe. So haben beispielsweise Beamte und Angestellte des Bundes und der Länder im amtlichen Schriftverkehr das Regelwerk "Deutsche Rechtschreibung, Regeln und Wörterverzeichnis" des Rats für deutsche Rechtschreibung zu beachten. Für Gesetzestexte gilt dies allemal.
Empfehlung des Rechtschreibrates Allerdings hat der Rat 2018 zumindest "Empfehlungen zur 'geschlechtergerechten Schreibung'" gegeben. So sollen geschlechtergerechte Texte sachlich korrekt, verständlich und lesbar, vorlesbar sein (mit Blick auf die Altersentwicklung der Bevölkerung und die Tendenz in den Medien, Texte in vorlesbarer Form zur Verfügung zu stellen), Rechtssicherheit und Eindeutigkeit gewährleisten, übertragbar sein im Hinblick auf deutschsprachige Länder mit mehreren Amts- und Minderheitensprachen, und für die Lesenden beziehungsweise Hörenden die Möglichkeit zur Konzentration auf die wesentlichen Sachverhalte und Kerninformationen sicherstellen.
Zuletzt war es im Oktober vergangenen Jahres zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Bundesjustizministerium über einen Gesetzentwurf zum Insolvenzrecht zum Streit gekommen. So waren im ursprünglichen Gesetzentwurf von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) durchgängig weibliche Begriffsformen wie "Arbeitnehmerinnen" oder "Verbraucherinnen" verwendet worden.
Das Innenministerium intervenierte und verwies darauf, dass das generische Femininum "zur Verwendung für weibliche und männliche Personen bislang sprachwissenschaftlich nicht anerkannt" sei und somit die Gefahr bestehe, dass das Gesetz nur für Frauen gilt. Das Justizministerium wollte sich dieser Auslegung zwar nicht anschließen, überarbeitete den Entwurf aber trotzdem - um den Gesetzgebungsprozess nicht unnötig zu verlängern.
Das Innenministerium wiederum beeilte sich zugleich zu versichern, dass Minister Horst Seehofer (CSU) "sehr bewusst" sei, dass Sprache einem gesellschaftlichen Wandel unterliege. Es sei aber nicht Aufgabe des Verfassungsministeriums, die Debatte aktiv voranzutreiben. Bevor ein Gesetz in einer anderen als der bisherigen Form abgefasst werde, müsse erst ein gesellschaftlicher Konsens in dieser Frage gefunden werden, hieß es. Dieser Konsens scheint in weiter Ferne zu liegen.