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Foto: DBT/Janine Schmitz/photothek
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas konstituiert die Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“.

Konstituierung : Startschuss für Beweisaufnahme

Der Bundestag setzt einen Untersuchungsausschuss und eine Enquetekommission zur Aufarbeitung des Afghanistaneinsatz ein.

11.07.2022
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3 Min

Der 1. Untersuchungsausschuss des Bundestages in der 20. Wahlperiode kann seine Arbeit aufnehmen. Das zwölfköpfige Gremium, das den Abzug deutscher Streitkräfte aus Afghanistan und die Umstände der militärischen Evakuierungsaktion aus Kabul im August 2021 aufarbeiten soll, konstituierte sich am vergangenen Freitag unter Leitung von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD). Zum Vorsitzenden bestimmte das Gremium den SPD-Abgeordneten Ralf Stegner.

Zuvor hatte der Bundestag einem entsprechenden Antrag von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zugestimmt. Die AfD votierte gegen die Einsetzung, Die Linke enthielt sich. Mit der Mehrheit aller übrigen Stimmen lehnte das Plenum einen AfD-Antrag ab, in dem die Fraktion sich wie die Linksfraktion für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ausgesprochen hatte, der das deutsche Engagement in Afghanistan zwischen 2001 und 2021 aufarbeiten soll. Die Sinnhaftigkeit des gesamten Afghanistan-Einsatzes müsse überprüft werden, argumentierten die Abgeordneten, nicht nur der überstürzte Abzug.

Enquete-Kommission soll Lehren für die Zukunft ziehen

Diese Aufgabe soll aber nach dem Willen der Parlamentsmehrheit eine Enquete-Kommission übernehmen, deren Einsetzung der Bundestag ebenfalls am Freitag auf Antrag der Koalitionsfraktionen sowie von CDU/CSU beschloss. Sie soll der frühere Berliner Bürgermeister, Michael Müller (SPD), leiten. Auftrag ist es, zusammen mit zwölf Sachverständigen - die im Einvernehmen der Fraktionen benannt werden - aus dem 20-jährigen Einsatz in Afghanistan Lehren für das künftige internationale militärische und zivile Engagement Deutschlands zu ziehen. Wie dem Untersuchungsausschuss sollen auch der Kommission jeweils drei Mitglieder von SPD und CDU/CSU, jeweils zwei von Grünen und FDP und jeweils ein Mitglied von AfD und Linke angehören.

Untersuchungsrecht ist im Grundgesetz geregelt

Das Untersuchungsrecht des Bundestages ist in Artikel 44 Grundgesetz (GG) geregelt und ermöglicht es dem Parlament, unabhängig von anderen Staatsorganen und mit hoheitlichen Mitteln alle Sachverhalte zu prüfen, die es in Erfüllung seines Verfassungsauftrags für aufklärungsbedürftig hält. Das betrifft insbesondere Vorgänge, die in den Verantwortungsbereich der Regierung fallen und die auf Missstände hinweisen. Untersuchungsausschüsse sind damit vor allem ein wichtiges Instrument der Opposition, da die parlamentarische Minderheit in gleicher Weise wie die Ausschussmehrheit an der Untersuchung mitwirkt. Der Bundestag muss das Gremium einsetzen, wenn dies mindestens ein Viertel der Abgeordneten beantragt.

Die Befugnisse gleichen dem eines Gerichts. Es kann zur Beweiserhebung unter anderem staatliche Akten anfordern und Mitglieder der Bundesregierung und der Bundesverwaltung befragen. Das erfolgt grundsätzlich öffentlich, wobei damit die Saalöffentlichkeit gemeint ist. Ton- und Filmaufnahmen sowie Übertragungen sind in der Regel nicht zugelassen.

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Das Ergebnis der Untersuchung wird in einem Abschlussbericht zusammengefasst. Kommt der Untersuchungsausschuss nicht zu einem einvernehmlichen Bericht, kann die Minderheit ihre Sicht in einem Sondervotum darstellen.

Der Untersuchungsauftrag des 1. Untersuchungsausschusses in dieser Wahlperiode umfasst 38 Punkte. So sollen die Abgeordneten unter anderem klären, wie Bundesministerien, Bundesbehörden und Nachrichtendienste im Sommer 2021 die Sicherheitslage in Afghanistan beurteilt haben und wie sie ihre Informationen ausgetauscht haben. Es sollen die Zuständigkeiten beim Abzug und bei der Evakuierung des deutschen Personals, der Ortskräfte und anderer betroffener Personenkreise geklärt werden.

Abschlussbericht zur Sommerpause 2024

Sowohl der Untersuchungsausschuss als auch die Enquetekommission sollen ihre Ergebnisse spätestens nach der parlamentarischen Sommerpause 2024 vorlegen. Die Eile beruht auf dem Grundsatz der Diskontinuität: Untersuchungsausschüsse verlieren mit dem Ende der Wahlperiode ihre Aufgabe und Existenzberechtigung.