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Letzte Tage vor dem Zusammenbruch : Zeuge spricht von "Vielzahl widersprüchlicher Informationen"

Der Untersuchungsausschuss Afghanistan hat die widersprüchliche Informationslage in Berlin kurz vor dem Fall Kabuls an die Taliban im August 2021 beleuchtet.

07.06.2024
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2 Min

Was passierte in Berlin in den letzten Tagen vor dem Zusammenbruch der afghanischen Regierung im August 2021? Welche Entscheidungen wurden wie, wann und von wem getroffen? Warum lief die Evakuierung aus Kabul so chaotisch? Das waren die Fragen, auf die sich der 1. Untersuchungsausschuss Afghanistan am Donnerstag konzentrierte. Der Ausschuss untersucht die Ereignisse zwischen dem Abschluss des Doha-Abkommens zwischen USA und den Taliban im Februar 2020, das den Abzug internationaler Truppen aus Afghanistan regelte, und der Evakuierungsmission in Kabul im August 2021.

Vorbereitung der Evakuierung zwei Tage vor dem Fall Kabuls

Ole Diehl, ehemaliger Krisenbeauftragte des Auswärtigen Amtes, berichtete, wie in Berlin "eine Vielzahl von widersprüchlichen Informationen" be- und ein einheitliches Lagebild erarbeitet werden musste. Er gab an, dass er bereits Ende Juli 2021 eine Vorlage für eine eventuelle Evakuierung aus Kabul geschrieben habe. Es sei nicht über den Sinn einer Evakuierung des Botschaftspersonals, der deutschen Staatsangehörigen und der Ortskräften diskutiert worden, sondern nur darüber, wie und wann diese erfolgen sollte. Am Ende sei bei einer Krisenstabssitzung am 13. August, also lediglich zwei Tage vor dem Fall Kabuls in die Hände der Taliban, auf Basis seiner Vorlage beschlossen worden, die Evakuierung vorzubereiten, nicht jedoch die Evakuierung selbst einzuleiten.

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Das bestätigte auch die ehemalige Gruppenleiterin Außen- und Sicherheitspolitik des Bundeskanzleramtes. In Konsens sei an diesem Tag beschlossen worden, die Vorbereitung für die Evakuierung aufzunehmen sowie ein Krisenunterstützungsteam nach Kabul zu schicken. Sie habe die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel informiert, berichtete die Zeugin. Alle seien aber überrascht gewesen, als kurz darauf die afghanische Hauptstadt fiel. Man sei davon ausgegangene, dass die Green Zone, also das von den USA abgesicherte Stadtzentrum, bis Ende August bestehen würde.

Sichtweisen zur Evakuierung der Ortskräfte variierten

Die ehemalige Abteilungsleiterin des Bundesministeriums für Entwicklung und Zusammenarbeit, Claudia Warning, berichtete, dass es zwar vor dem Zusammenbruch der afghanischen Regierung unterschiedliche Sichtweisen zur Evakuierung der Ortskräfte gegeben habe. Am 13. August sei aber allen klar gewesen, dass diese ausreisen mussten. Dass nicht alle Ortskräfte ausgeflogen werden konnten, habe an der Sicherheitslage vor Ort gelegen.