Bundeswehr rückt aus : Marineeinsatz gegen Huthi-Angriffe beschlossen
Die Bundeswehr beteiligt sich an der EU-Mission Aspides zur Sicherung des Seeverkehrs im Nahen Osten. Die Fregatte "Hessen" ist bereits auf den Weg ins Rote Meer.
Die Bundeswehr beteiligt sich an der maritimen EU-Mission zum Schutz der Handelsschifffahrt im Nahen Osten. Der entsprechende Antrag der Bundesregierung wurde am Freitagnachmittag mit großer Mehrheit im Bundestag angenommen. In namentlicher Abstimmung sprachen sich 538 Abgeordnete für den Einsatz aus, 31 stimmten - bei vier Enthaltungen - dagegen.
Mit der Entscheidung ist der Weg frei für die Entsendung von bis zu 700 Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten im Rahmen der EU-geführten Operation EUNAVFOR ASPIDES. Der Einsatz wird vor allem mit Angriffen der Huthi-Miliz vom Jemen aus auf die internationale Schifffahrt seit Mitte November 2023 begründet, insbesondere im Roten Meer und der Meerenge Bab al-Mandat, die sich gegen den internationalen Handel, die Sicherheit des Seeverkehrs und die Stabilität in einer ohnehin instabilen Region richten würden.
Schutz gegen die Huthi-Angriffe: Die Fregatte "Hessen" ist bereits auf dem Weg ins Rote Meer.
Das Einsatzgebiet ist aber deutlich größer und umfasst auch die internationalen Gewässer im Roten Meer, im Golf von Aden, im Arabischen Meer, im Golf von Oman und im Persischen Golf, mithin das gesamte Seegebiet rund um die arabische Halbinsel. Die "exekutive Aufgabe des Schutzes von Schiffen gegen multidimensionale Angriffe" sei indes im Seegebiet nördlich des Breitengrades von Maskat im Golf von Oman, in der Straße von Hormus und im Persischen Golf nicht auszuüben und damit ausgeschlossen, so die Bundesregierung.
Verteidigungsminister Pistorius: Gefährlichster Einsatz der Deutschen Marine seit Jahrzehnten
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprach bei Einbringung des Mandats am Mittwoch von einem rein defensiven Einsatz, der die Handlungsfähigkeit Deutschlands und der EU demonstriere. "Dieser Einsatz dient ausschließlich der Abwehr von Angriffen aus der Luft oder auf dem Wasser, auf Handelsschiffe oder auf unsere Schiffe." Es handle sich um den gefährlichsten Einsatz der Deutschen Marine seit Jahrzehnten. Man schicke die Soldaten nicht leichtfertig dorthin. Die Besatzung der Fregatte "Hessen" sei erstklassig ausgebildet und trainiert, Schiffe dieser Klasse genau für diesen Einsatz bestens ausgerüstet.
Johann Wadephul (CDU) sprach von sehr "gezielten Angriffe auf einen neuralgischen Punkt im Kreislauf der Weltwirtschaft", die als vom Iran gesteuerte Terrorangriffe auf die internationale Ordnung und die Solidarität mit Israel einzuordnen seien. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass Deutschland als drittstärkste Volkswirtschaft der Welt sich an diesem Einsatz beteilige. Wadephul merkte indes an, dass dieser Auftrag für die Marine ein Schlaglicht auf die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit werfe. "Wir müssen mehr in die Bundeswehr investieren: personell, materiell und letztlich auch an Geld."
Anna Lührmann (Grüne), Staatsministerin im Auswärtigen Amt, bezeichnet die Huthi-Angriffe als völkerrechtswidrig und inakzeptabel. "Sie gefährden die maritime Sicherheit, die Sicherheit der internationalen Schifffahrt und die Sicherheit der globalen Handelswege", sie verhinderten darüber hinaus Hilfslieferungen an die notleidende jemenitische Bevölkerung. Deutschland demonstriere zusammen mit den EU-Partnern Handlungsfähigkeit, leiste einen Beitrag zum Schutz globaler öffentlicher Güter und verteidige europäische Interessen.
Joachim Wundrak (AfD) sagte, seine Fraktion stehe Einsätzen der Bundeswehr außerhalb der Landes- und Bündnisverteidigung grundsätzlich kritisch gegenüber. Angesichts des erheblichen weltwirtschaftlichen Schadens der Huthi-Angriffe, der Europa und Deutschland besonders treffe, werde man dem Mandat aber zustimmen. Die Bundesregierung sei auch diplomatisch gefordert: Sie müsse Ägypten, Saudi-Arabien und auch China dazu bringen, verstärkt Einfluss auf den Iran nehmen, die Huthis zur Einstellung dieser Angriffe zu drängen.
Ulrich Lechte (FDP) begrüßte die zügige Aufsetzung des EU-Mandats. Man dürfe sich beim Schutz dieser wichtigen Verbindungsachse des Handels zwischen Asien und Europa nicht auf die USA und ihre Operation Prosperity Guardian verlassen. Ungefähr ein Zehntel der deutschen Warenimporte und -exporte liefen durch das Rote Meer. "Eine Störung dieser wichtigen Versorgungsader bemerken wir immer sehr schnell."
Weitere Bundeswehreinsätze beraten
Außerdem standen in dieser Woche die Einsätze der Bundeswehr im Südsudan sowie im Mittelmeer auf der Tagesordnung. Die Bundeswehr soll ihre Beteiligung an der von den Vereinten Nationen geführten Friedensmission im Südsudan (UNMISS) fortsetzen. Ein Antrag der Bundesregierung wurde am Donnerstag zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen. Unverändert sollen demnach bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden können, die unter anderem bei der technischen Ausrüstung und Ausbildung truppenstellender Nationen helfen sollen. Aufgabe der UN-Mission im Südsudan ist laut Antrag der Schutz von Zivilisten, die Beobachtung der Menschenrechtslage, die Absicherung der Bereitstellung humanitärer Hilfe und die Unterstützung des Friedensprozesses.
Darüber hinaus debattiert der Bundestag über die Operation "Sea Guardian". Die Bundeswehr soll sich ein weiteres Jahr an dem Nato-geführten Einsatz beteiligen. Wie die Bundesregierung in einem Antrag schreibt, sollen dafür wie bisher bis zu 550 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden können, um im Mittelmeerraum einen Beitrag zur Seeraumüberwachung, zum maritimen Kampf gegen den Terrorismus und zur Beschränkung des Waffenschmuggels zu leisten. Den Antrag überwies das Bundestagplenum am Donnerstag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. Das Mandat ist befristet bis Ende März 2025, die einsatzbedingten Zusatzkosten beziffert die Bundesregierung für diesen Zeitraum auf rund 1,9 Millionen Euro.