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Abhör-Affäre der Bundeswehr : "Nicht das erste Mal im Fadenkreuz"

Die Abgeordneten dringen auf die Aufarbeitung der Abhör-Affäre in der Bundeswehr zu einem möglichen Einsatz des Marschflugkörpers Taurus in der Ukraine.

15.03.2024
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3 Min
Foto: picture alliance /dpa/imageBROKER/Arnulf Hettrich

Die Debatte um die Weitergabe des Marschflugkörpers Taurus geht in die nächste Runde.

Das abgehörte Telefonat hochrangiger Bundeswehroffiziere über den Marschflugkörper Taurus beschäftigt weiterhin den Deutschen Bundestag. In einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der Fraktion der AfD mit dem Titel "Taurus-Abhörskandal in der Bundeswehr" trat am Mittwoch neben Forderungen nach einer konsequenten Aufarbeitung des Vorfalls auch ein weiterer Schlagabtausch zu der Frage, ob Deutschland der Ukraine dieses Waffensystem zur Abwehr des russischen Aggressors zur Verfügung stellen sollte.

Unter der Abhör-Affäre wird ein heimlich mitgeschnittenes Gespräch hochrangiger Luftwaffenoffiziere der Bundeswehr verstanden, die sich Mitte Februar in einer Videokonferenz über Einsatzszenarien und Folgen eines etwaigen Taurus-Einsatzes durch die Ukraine ausgetauscht hatten. Das Gespräch wurde nun von Margarita Simonjan, Chefin des staatlich gelenkten russischen Senders RT veröffentlicht.

AfD befürwortet"Nein" des Bundeskanzlers

Rüdiger Lucassen (AfD) monierte eine riesige Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Ampelkoalition. Sie führe das große Wort "Kriegstüchtigkeit" im Munde, habe aber nicht einmal den eigenen, engsten Bereich unter Kontrolle. Der Abhörskandal habe einen enormen Schaden angerichtet. Der Inspekteur der Luftwaffe habe Staatsgeheimnisse Deutschlands und anderer Nationen ausgeplaudert, "und alles in einem Ton, als ob es sich um irgendein Spiel handeln würde". Richtig bleibe das "Machtwort des Bundeskanzlers: Nein zum Taurus".

Falko Droßmann (SPD) sprach mit Blick auf das abgehörte Gespräch von einem "schweren Fehler". "Das hätte nicht passieren dürfen, überhaupt keine Frage." Der AfD warf er indes vor, den Vorfall nicht aufklären, sondern skandalisieren zu wollen. Sie wolle geheime militärische Abläufe ins Licht der Öffentlichkeit zerren und "damit dann auch Russland weiteren Vorschub leisten".


„Entweder braucht es deutsche Soldaten in der Ukraine, um den Taurus zu begleiten, oder nicht.“
Jens Lehmann (CDU)

Jens Lehmann (CDU) sagte, der Abhörvorgang führe vor Augen, "dass Russland nicht nur in der Ukraine einen physischen Krieg führt, sondern auch asymmetrisch in Deutschland". Er machte außerdem einen Widerspruch aus zwischen den Inhalten des abgehörten Gesprächs und der Begründung des Bundeskanzlers zu seiner Entscheidung, der Ukraine keine Taurus-Systeme zur Verfügung zu stellen: "Entweder braucht es deutsche Soldaten in der Ukraine, um den Taurus zu begleiten, oder nicht". Es könne nur eine Wahrheit geben.

Grüne für Aufarbeitung der Abhör-Affäre

Agnieszka Brugger (Grüne) sprach von einem "schwerwiegendem Vorfall", der aufgearbeitet werden müsse. Es sei allerdings "nicht das erste Mal, dass Deutschland im Fadenkreuz von Kriegsverbrecher Putin steht". Es gehe dem russischen Präsidenten darum, die Gräben bei den Unterstützern der Ukraine zu vertiefen und "darum, uns bestimmte Debatten aufzuzwingen und von anderem abzulenken". Die AfD verliere kein einziges Wort über russische Spionage, sondern verhalte sich im Umgang mit den Leaks "perfekt nach Putins Drehbuch".

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) nannte die AfD den "verlängerten Arm von Wladimir Putin". Es solle Druck ausgeübt werden auf den Verteidigungsminister, "hervorragende Generäle rauszuschmeißen", es solle Druck ausgeübt werden auf den Bundeskanzler, bloß nicht doch noch den Taurus zu liefern. "Offensichtlich hat nämlich Russland angesichts des Taurus richtig die Hose voll." Deutschland werde seit Jahren "von Russland ausspioniert und abgehört". Wo bleibe da der Aufschrei der AfD?

Aufforderung zu mehr Professionalität

Dietmar Bartsch (Gruppe Die Linke) bezeichnete den Vorfall als "maximale Floppleistung". Es sei keinesfalls eine Relativierung der russischen Verbrechen oder auch der russischen Strategie, wenn man das hier einräume. Die Bundeswehr müsse professioneller werden. Andrej Hunko (Gruppe BSW) nannte den Inhalt des abgehörten Gesprächs den "eigentlichen Skandal". Im Plauderton seien Szenarien diskutiert worden, die Deutschland dem Risiko aussetzten, Kriegspartei zu werden.

Keine Mehrheit fand die AfD-Fraktion am Mittwoch mit einem Antrag für ein "Vetorecht des Bundestages bei Waffenexporten in Konflikt- und Kriegsgebiete". Die Vorlage fand keine Mehrheit gegen die Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Zustimmung der Antragsteller.