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Anhörung zu privaten Militärdienstleistern : Versteckspiel mit den "Wagner"-Truppen

Experten warnen in einer Anhörung vor Söldnertruppen wie der russischen "Wagner"-Gruppe: Sie unterminierten friedensfördernde Ansätze der Vereinten Nationen.

28.06.2024
True 2024-06-28T12:55:54.7200Z
3 Min

Die russische Wagner-Gruppe ist das bekannteste Beispiel aus jüngster Zeit für den Einsatz privater Sicherheits- und Militärdienstleister in bewaffneten Konflikten. Wobei von einem privaten Unternehmen im klassischen Sinne aus Sicht von Expertinnen und Experten nicht die Rede sein kann. Bei einer öffentlichen Anhörung des Auswärtigen Ausschusses stellten sie klar, dass die Wagner-Gruppe - trotz aller Dementis der russischen Regierung - in deren Auftrag und auf deren Rechnung gearbeitet hat. Das gelte erst recht für das nach dem Tod von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin aus den Wagner-Söldnern gebildete Afrika-Korps, das dem russischen Verteidigungsministerium untersteht.

Foto: picture alliance / AA | Wagner Account

Jahrelang kämpften in Afrika Söldner der Gruppe Wagner inoffiziell im Auftrag Russlands.

Die russische Regierung habe lange ein politisches Versteckspiel betrieben, indem sie die Wagner-Gruppe "tolerierte, registrierte und sponserte, gleichzeitig aber behauptete, für deren Aktionen nicht verantwortlich zu sein", sagte Professor Herbert Wulf vom Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) an der Universität Essen/Duisburg. Die Wagner-Gruppe sei so aber zu einem "Staat im Staate" geworden. Durch die Umetikettierung zum Afrika-Korps werde sie nun der "außenpolitischen Ideologie untergeordnet". Wulf nannte dies eine "russische Söldnerdiplomatie".

Experten: Deutschland muss Friedensmissionen weiterentwickeln

Professor Anja Jakobi, Leiterin des Instituts für Internationale Beziehungen am Department für Sozialwissenschaften der TU Braunschweig, verwies darauf, dass die politische Nähe zur russischen Führung zwar lange bestritten worden sei. Durch die Restrukturierung zum sogenanntem Afrika-Korps werde aber deutlich, "wie eng die Verbindung war". Jakobi forderte begriffliche Klarheit: Ein "privater Akteur" in Autokratien und in liberalen Demokratien "meint etwas anderes". Das Label "Privater Akteur" dürfe daher nicht gleichgesetzt werden. Jakobi sieht Deutschland aufgefordert, multilaterale Instrumente wie Friedensmissionen langfristig weiterzuentwickeln und so zu gestalten, "dass sie als erfolgreiche Beispiele zur Konfliktbewältigung gelten können". Im Moment seien sie das jedoch "nicht unbedingt".

Das Afrika-Korps, so Susanne Conrad, Referentin für Recht und Sicherheit in der Abteilung Subsahara-Afrika bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, diene dazu, die geostrategischen Ziele Russlands in Afrika "kohärent zu verfolgen". Es gehe darum, die westliche Einflusssphäre in Afrika durch eine russische zu ersetzen und die Sicherheit in Europa über die südliche Nachbarschaftsperipherie zu destabilisieren. Mit Erfolg, wie Conrad befand: Innerhalb von nur zweieinhalb Jahren habe der russische Staat es erreicht, ein antiwestliches Fundament in der südlichen Nachbarschaft der Nato zu schaffen.

Mithilfe von Söldnern wird westlicher Einfluss in Afrika zurückgedrängt

Die Mischung aus paramilitärischer Kampfeinheit und Informationskrieg, finanziert durch die Ressourcenausbeutung afrikanischer Staaten, habe sich also für Moskau bezahlt gemacht, sagte Conrad. Insbesondere der politische und militärpolitische Einfluss Frankreichs und der USA sei in Teilen Westafrikas signifikant zurückgedrängt worden. Conrad forderte eine internationale Kontrolle und ein politisches Regelwerk der internationalen Gemeinschaft, um dem menschenverachtenden und kriminellen Verhalten des russischen Einflusses in Afrika entgegenzuwirken.

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Söldnergruppen wie Wagner unterminierten die friedensfördernden Ansätze der Vereinten Nationen in den betroffenen Regionen, betonte Andreas Wittkowsky vom Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF). Deren Anwesenheit erhöhe das Risiko von Menschenrechtsverstößen sowie von gewaltsamen Rekrutierungen in der Zivilbevölkerung. 
Laut Wittkowsky sind die UN-Missionen in Mali und in der Zentralafrikanischen Republik in ihrer Bewegungsfreiheit durch die Anwesenheit der russischen Söldner eingeschränkt. Die Sicherheit des UN-Personals sei gefährdet. Im Ergebnis führe all dies zu einem „Reputationsverlust der UN in der örtlichen Bevölkerung“, beklagte der Experte.