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Sicherung von Rohstoffen : Die EU ist auf Partnersuche

Mit der "Global Gateway Initiative" will sich die EU Rohstoffe und Transportwege sichern. China hat mit seiner "Neuen Seidenstraße" allerdings die Nase vorn.

28.08.2023
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5 Min
Foto: picture alliance / AA

Kampfansage an Chinas "Neue Seidenstraße": Die EU um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt auf die "Global Gateway Initiative".

Die Initiative für eine neue Seidenstraße sei keine sentimentale Erinnerung an Marco Polo, "sondern die Initiative steht für den Versuch, ein umfassendes System zur Prägung der Welt im chinesischen Interesse zu etablieren", so die Warnung des früheren Wirtschafts- und Außenministers Sigmar Gabriel (SPD) in einer Rede im Jahr 2017. Die historische Seidenstraße galt als die wichtigste Handelsverbindung zwischen China und Europa in der Antike und im frühen Mittelalter. Als China im Jahr 2008 ankündigte, sie neu zu beleben, warnten Kritiker, die Volksrepublik könnte damit ihren Einfluss weltweit ausweiten.

Seither finanziert China mit der "Neuen Seidenstraße" zahlreiche Infrastrukturprojekte wie Häfen, Straßen, Zugstrecken und neue Märkte. Als problematisch gilt, dass China seinen Partnern sogenannte Komplettpakete anbietet. Von der Finanzierung bis zu den Arbeitskräften liegt die vollständige Umsetzung der Projekte in der Hand chinesischer Akteure: Damit ist China der größte öffentliche Kreditgeber für Entwicklungsländer geworden.

Etwa 100 Länder machen bei der "Neuen Seitenstraße" mit

Mittlerweile sind etwa 100 Länder in das Projekt eingebunden: neben Pakistan, Sri Lanka, Kasachstan und Ungarn auch zahlreiche Länder Afrikas. In Deutschland gilt der Duisburger Hafen und die dortige Schienenanbindung als ein Brückenkopf der Initiative. Dort endet eine über 10.000 Kilometer lange Zugstrecke, die von China durch Zentralasien nach Europa läuft. Auch der umstrittene Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco beim Containerterminal im Hamburger Hafen ist Teil des Seidenstraßenplans.

Viele Projekte laufen derzeit zwar nicht wie geplant, weil eine Reihe von Ländern, die von chinesischen Banken für den Bau von Infrastruktur Kredite erhalten haben, diese nicht bedienen können und Peking dafür einspringen muss. Aber bisher hat sich das Programm für China gelohnt. In Zentralasien hat sich das Land Ölvorkommen gesichert, in Afrika geht es um Metalle und Edelmetalle, in Europa um Infrastruktur.

"Global Gateway Initiative": Späte Reaktion der EU

Die Europäische Union reagierte sehr spät auf China. Im Dezember 2021 stellte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) die "Global Gateway-Initiative" als Antwort auf die neue Seidenstraße vor. Im Mai dieses Jahres wurden 87 Leuchtturmprojekte präsentiert, mit denen in Afrika, Lateinamerika und im Asien-Pazifik-Raum der Ausbau digitaler Infrastruktur, erneuerbarer Energien und von Transportwegen vorangebracht werden sollen. Für die Vorhaben stehen bis 2027 Investitionsmittel in Höhe von 300 Milliarden Euro bereit, 53 Milliarden Euro sind als Garantie hinterlegt, der größte Teil soll jedoch von privaten Investoren kommen.

Friedolin Strack, Leiter der Abteilung Internationale Märkte im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), begrüßt die Initiative der EU. "In Ländern wie Indonesien, Pakistan oder Peru besteht großer Bedarf am Ausbau und an der Modernisierung von Infrastruktur. Beispiele sind Häfen, Eisenbahnnetze oder eine bessere Stromversorgung als Voraussetzung für Wirtschaftswachstum." China habe diesen Bedarf erkannt und adressiert. Wenn sich Länder wie Pakistan nun aussuchen könnten, mit wem sie die großen Projekte finanzieren, dann erhalte der den Zuschlag, der die besten Konditionen bietet. "Wenn das die neuen Spielregeln sind, dann muss sich die EU darauf einstellen und sollte nicht zuschauen, wie China diesen Ländern gute Angebote macht. Da muss die Europäische Union mitbieten", sagt Strack. Allerdings sieht er Schwierigkeiten bei der Finanzierung. Es reiche nicht, solche Projekte nur mit Garantien zu unterlegen, hilfreich wäre ein eigenständiger Fonds bei einer der EU-Entwicklungsbanken.


„Die Europäer müssten mit den Zielländern ins Gespräch kommen, um herauszufinden, was tatsächlich an Projekten benötigt wird.“
Tim Rühlig, Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik

"Die Europäer müssten mit den Zielländern ins Gespräch kommen, um herauszufinden, was tatsächlich an Projekten benötigt wird", erklärt Tim Rühlig, Experte für Geopolitik, Geoökonomie und Technologie bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Zudem rät er der EU, die geplanten Leuchtturmprojekte viel stärker als bisher zu vermarkten. "Das ist den Chinesen mit ihren Seidenstraßenprojekten sehr gut gelungen", so Rühlig. China sei bei seinen Vorhaben als Investor aufgetreten und nicht als jemand, der Entwicklungshilfe anbietet. Bei den Empfängerländern sei das "sehr gut angekommen", weil man von seinem Gegenüber als "Business-Partner" adressiert wurde, mit dem langfristige Projekte umgesetzt werden sollen.

Bei den geplanten Rohstoffpartnerschaften der EU mit Drittländern sei von großer Bedeutung, welche Bedingungen im Umwelt- und Sozialbereich gelten. "Die Global-Gateway-Initiative legt großen Wert darauf, europäische Standards zu verbreiten", sagt Rühlig. Das könne ein Vorteil sein, wenn die Empfänger mit Hilfe der EU-Mittel ihre Standards auf diesem Gebiet verbessern wollten. Die wichtigen Rohstoffpartnerschaften würden jedoch Zeit brauchen. Tim Rühlig schätzt bis zu 20 Jahre, doch das sei nicht die einzige Hürde. Problematisch seien auch politische Rahmenbedingungen.

Europa ist nicht immer die erste Wahl als Partner 

Das gilt sowohl für die Global-Gateway-Initiative selbst und möglicherweise auch für das von der EU geplante europäische Gesetz zu kritischen Rohstoffen, den Critical Raw Material Act (CRMA). Damit sollen vor allem die Lieferketten strategischer und kritischer Rohstoffe gestärkt, die Importe diversifiziert und die Kreislaufwirtschaft aufgebaut werden. Der CRMA fordert die Einhaltung hoher Standards mit Blick auf Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung. Die europäischen Vorstöße hätten meist "zu viele Details", merkt Rühlig an, aber die EU bekenne sich nun einmal zu zentralen Standards, deshalb müsse sie austarieren, wie weit sie ihren außereuropäischen Partnern entgegenkommen könne. Fakt sei jedoch, dass sich die EU-Staaten im Wettbewerb mit anderen Ländern befänden. "Europa kann nicht mehr durch die Welt marschieren und seine Vorstellungen diktieren", sagt Rühlig. In den letzten Jahrzehnten sei zahlungskräftige Konkurrenz herangewachsen, und "das nimmt die EU nicht immer ausreichend in ihre Planung mit auf".

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Diese Differenzen wurden Ende Juli auf dem EU-Lateinamerika-Gipfel in Brüssel deutlich. Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva stellte klar: "Wenn Europa nicht bei uns investieren will, werden andere Länder investieren." Diese Äußerungen wurden als eine versteckte Anspielung auf die Offenheit für mehr chinesische Investitionen in seinem Land gedeutet. "Südafrika gilt als ein ähnlicher Fall, auch dort ist die EU nicht unbedingt erste Wahl", sagt DGAP-Experte Rühlig. Die Länder des globalen Südens werden nicht nur von Europa umworben, sondern haben verschiedene Handlungsoptionen, das bringe sie in eine bessere Verhandlungsposition. Europa müsse sich auf die neue Lage einstellen, und das bedeute, "dass die Europäer nicht alles umsetzen können, was sie für richtig und wichtig halten", sagt Rühlig. Das gelte für die Chinesen aber genauso, das sei der politische Preis, den man zahlen müsse.


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