Menschenrechte : Experten monieren Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Experten beurteilen den Bericht der Bundesregierung zu ihrer Menschenrechtspolitik und den Ansatz einer wertebasierten Außenpolitik sehr unterschiedlich.
Ihr Eintreten für eine wertebasierte Außenpolitik polarisiert: Während die einen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) für ihre klare Kante bei Menschenrechtsverstößen loben, schelten die anderen das als "selbstgerecht" und unrealistisch.
Kritik an Sanktionspolitik und Waffenlieferungen
Ähnlich geteilt fiel das Echo der Experten auf den aktuellen, 15. Bericht der Bundesregierung zu ihrer Menschenrechtspolitik aus: In einer Anhörung des Menschenrechtsausschusses vergangene Woche monierten einzelne Sachverständige eine "Kluft" zwischen Anspruch und Wirklichkeit. So kritisierte Norman Paech, emeritierter Völkerrechtsprofessor, Sanktionspolitik und Waffenlieferungen. Erika Steinbach, Vorsitzende der AfD-nahen Erasmus-Desiderius-Stiftung, sah durch die feministische Außenpolitik die Würde aller anderen Menschen in Frage gestellt.
Monika Hauser von der Frauenrechtsorganisation medica mondiale befand dagegen, dass der Ansatz gerade zur Bekämpfung sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt in bewaffneten Konflikten beitragen könne.
Wenzel Michalski von Human Rights Watch warb dafür, lokale Organisationen, die sich um Vergewaltigungsopfer kümmerten, zu unterstützen. In der Ukraine etwa fehlten Medikamente zur HIV-Prävention oder die "Pille danach".
Sabine Constabel vom Verein Sisters forderte, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung durch die Strafverfolgung von Freiern und ein Verbot jeglicher Profite Dritter aus der Prostitution zu bekämpfen.
Expertin: Strukturen zur Verwirklichung der Kinderrechte fehlen
Fehlende Strukturen, um Kinderrechte zu verwirklichen, bemängelte Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention: Weder gebe es einen Bundes-Kinderbeauftragten noch ein kinderrechtebasiertes Datenerhebungsverfahren, mit dem sich der Stand der Umsetzung in Deutschland messen lasse.
Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen appellierte an die Regierung, sich für die Regulierung der Digitalüberwachung einzusetzen. So lange es keinen verbindlichen Rechtsrahmen gebe, brauche es ein Moratorium für Verkauf, Weitergabe und Nutzung solcher Technik.
Monika Remé vom Deutschen Frauenrat lobte die Gleichstellungsziele, drängte aber auf Umsetzung. So gebe es noch keinen verbindlichen "Gleichstellungs-Check" für Gesetze, auch fehle eine ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie.