Krieg in Israel : Ein Land im Ausnahmezustand
Seit den Angriffen der Hamas am 7. Oktober versucht Israel, die Kontrolle zurückzugewinnen. Ein Überblick über die wichtigten Ereignisse.
Bewaffnete israelische Soldaten suchen einen Tag nach dem Angriff der Hamas auf Israel Schutz hinter einem Fahrzeug.
"Niemals, niemals, dürfen wir unvorbereitet sein." Diese Warnung sprach Israels Staatspräsident Isaac Herzog erst vor wenigen Tagen, am 5. Oktober, bei einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 50. Jahrestages des Jom-Kippur-Kriegs aus. Am 6. Oktober 1973 hatten syrische und ägyptische Armeen Israel überraschend überfallen, es folgte ein 19-tägiger Krieg, bei dem mehr als 2.600 israelische Soldaten getötet und mehr als 7.000 verletzt wurden. Obwohl Israel ihn gewann, sitzt der Schrecken darüber bis heute tief. Warum hat der Sicherheitsapparat derart versagt, wie hinterher ein Untersuchungsbericht offenlegte?
Mindestens 3.100 Tote auf Seiten Israels
Nur zwei Tage nach Herzogs Worten haben diese Fragen wieder erschreckende Aktualität bekommen. Denn am Morgen des 7. Oktober startete die islamistische Hamas - von der EU, den USA und Israel als Terrororganisation eingestuft - von Gaza aus nicht nur massive Raketenangriffe auf Israel. Bewaffnete Kämpfer drangen gleichzeitig über Land, See und Luft nach Israel vor und töteten über mehrere Stunden, ohne dass israelische Sicherheitskräfte eingriffen, mit Stand Freitag mehr als 1.300 Menschen, größtenteils Zivilisten. Sie verübten Massaker auf einem Musikfestival und in einem Kibbuz und verschleppten rund 150 Menschen verschiedener Nationalitäten nach Gaza, darunter auch zahlreiche Kinder und mindestens fünf Deutsche. Mindestens 3.100 Menschen wurden auf israelischer Seite verletzt.
Am Sonntag rief das israelische Sicherheitskabinett formal den Kriegszustand aus, am Mittwoch einigten sich Regierungschef Benjamin Netanyahu und der Oppositionspolitiker Benny Gantz auf eine gemeinsame Notstandsregierung und ein Kriegskabinett. Erst drei Tage nach dem Angriff meldete die Armee, sie habe die volle Kontrolle über die Ortschaften in der Nähe des Gazastreifens wiedererlangt. Die Schulen blieben bis Freitag im ganzen Land geschlossen.
Schwere Angriffe auf Gazastreifen
Während die Hamas ihre Raketenangriffe fortsetzte, feuerten militante Palästinensergruppen aus Syrien und dem Libanon Raketen auf Nordisrael. Das israelische Militär reagierte mit Artillerie und Mörsergranaten und begann noch am Tag der Terrorangriffe mit Luftschlägen auf den 14 Kilometer langen Gazastreifen. Hier leben 2,3 Millionen Menschen auf nur 360 Quadratkilometern, Schutzbunker gibt es für die Zivilbevölkerung nicht.
Bis Freitag sollen in Gaza laut dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium fast 1.600 Menschen - darunter fast 500 Kinder - getötet und mehr als 6.200 verletzt worden sein. Die humanitäre Lage dürfte sich dort in den kommenden Tagen weiter verschlechtern, da Israel die Abriegelung des Gazastreifens angeordnet und die Versorgung mit Wasser, Strom und humanitärer Hilfe eingestellt hat, solange die Geiseln nicht freigelassen werden.
Israel mobilisiert Reservisten
In Vorbereitung auf eine mögliche Bodenoffensive in Gaza forderte Israels Militär die rund 1,1 Millionen Palästinenser im nördlichen Teil des Küstenstreifens am Freitag zur Evakuierung auf. In der größten Mobilmachung des Landes berief die Armee 300.000 Reservisten aus dem In- und Ausland ein.
Die US-Regierung, Israels wichtigster Verbündeter, hat in einer ersten Lieferung bereits moderne Waffenausrüstung ins Land geliefert und den weltweit größten Flugzeugträger "USS Gerald R. Ford" und andere Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer geschickt.